Das skandinavische Helden-Zeitalter

Das äußere wie das innere Gefüge der abendländischen Kultur und Staatenwelt ist vom Norden her durch zwei große Völkerbewegungen entscheidend bestimmt worden. Wir kennen sie unter dem Namen Völkerwanderung und Normanneneinfall. Nur langsam hebt sich vom Halbdunkel der Gefühle und aus der Fülle der Quellenforschungen die dramatische Größe und eigentliche Bestimmung jener Geschehnisse ab und tritt in das helle Licht der Erkenntnis. Erst jetzt, wo die „Magie des Todes“ das Haupt einer altgewordenen Kultur zu umspielen scheint und die bevorstehende Geburt einer neuen sich ankündigt, erfassen wir tiefer und klarer die erhabene Notwendigkeit, die über Völkerwanderung und Wikingerzeit waltete.

Die Wikinger

Es ist das Wesen aller Geschichtskunde, die überlieferten Ereignisse in ihrem Ablauf, in ihrer zeitlichen Folge zu sehen, das Nacheinander und Miteinander der Gewalten und Gestalten zu erklären. Wir schildern nicht nur die Großtaten eines Krieges, sondern fragen zuerst, wie es zu diesem Kriege kam. Wir malen nicht nur nach der Überlieferung das Lebensbild einer großen Gestalt, sondern fragen nach ihrem Herkommen, und nach der Welt, in die sie hineingeboren worden ist. In acht Büchern unserer wohl besten Weltgeschichte, die uns durch die Antike hereinführt in die deutsche Geschichte, steht kein Wort von den Jahrtausenden des Nordens, in denen diese Wikinger geworden sind.

Das Alter der Edda-Lieder

Eugen Mogk sagt: „An das hohe Alter, in das man einst die Eddalieder versetzt hat, glaubt heute niemand mehr“. „Sprache metrische Form, Lebensanschauung der Dichter“ habe „unzweideutig erwiesen, daß selbst die ältesten Gedichte nicht vor der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts entstanden sind, während die jüngsten erst kurz vor der Zeit gedichtet sein müssen, wo unsere Überlieferung einsetzt. Der Gedichte der letzten Art sind jedoch verschwindend wenig“.