Keine Religion ist höher als „die Wahrheit“

Dieser Artikel dient als Ergänzung und Veranschaulichung der Thematik, welche im 1. Teil der Artikel-Serie „Runenmagie ist keine Spielerei“ behandelt wird.

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Ich möchte ein paar Dinge näher ausführen, die mir die Jahre über während der Beschäftigung mit den Runen, aber auch bei der Betrachtung der Esoterik im Allgemeinen (und deren Vertreter) aufgefallen sind und die ich hier anhand eines Beispiels erläutern möchte. In diesem Fall geht es um den Einfluss gewisser Kreise, zu denen sich auch Guido von List („der Entdecker“ der Armanen-Runen) zählte.

Wer sich die Mühe macht, die Einflüsse zu untersuchen, welche auf andere Runen-Okkultisten wirkten, wird mit Sicherheit zu einer interessanten Erkenntnis kommen.

Leider ist es jedoch schon immer so gewesen, dass die meisten Menschen lieber vorgefertigte „Lösungen“ für dieses oder jenes konsumieren, diese weitergeben und sich selbst kaum darum bemühen, eigene Erkenntnisse zu gewinnen.


Prüft alles! Hinterfragt alles! Gebt Euch mit nichts zufrieden! Denkt selbst!


Seit ich anfing, diesen Blog zu schreiben, war der obige fettgedruckte Satz dort zu lesen und er steht dort nach wie vor:

Der Mensch muss selbst prüfen, nicht einfach nur glauben und er muss lernen, eigenständigen Gedanken und Erkenntnissen nachzugehen. Nur so kann er sich von einer Fremdbeeinflussung hüten!


Einfluss: ‘Einwirkung, Geltung’. Das in der Mystik aufkommende mhd. īnvluʒ wird neuerdings als Übersetzung von lat. influentia (zu lat. īnfluere ‘hineinfließen, -strömen’) angesehen (vgl. Heisig in: PBB (T) 86 (1964) 338 ff.)


Jedes Individuum muss selbst erkennen, wo es steht, und warum es Dinge tut. Alle spirituellen Richtungen, nutzen die Beeinflussung des Verstandes, die Konditionierung und Instrumentalisierung, immer für ihren eigenen Zweck. Glaube – an was auch immer – ist nichts weiter als ein Schema, um den Verstand/das Grundbewusstsein des Menschen zu verändern.

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Der SS-Totenkopf-Ring

Ende der 1990er kaufte sich ein damaliger Bekannter von mir eine Replik des SS-Totenkopfrings. Viele Jahre sah man ihn oft auf ausländischen Reenactments, auf denen zum Teil mit echten Schwertern etc. gekämpft wurde/wird. Kämpfte er seinen „Berserker-Glauben“  gerade mal nicht …, war er regelmäßig schwer berauscht – von allem, was gerade verfügbar war. Der Krieg aller Epochen hatte ihn schon immer begeistert. Viele würden ihn sicherlich als „mehr oder minder gestört“ bezeichnen.

Der originale SS-Totenkopf-Ring, der von Karl Maria Wiligut, genannt „Weisthor“ angeblich entworfen wurde, wurde aus Silber gearbeitet und trägt auf seiner Stirnseite einen Totenkopf mit gekreuzten Knochen. Ferner waren Armanen-Runen angebracht, welche die „germanischen Tugenden“ des Trägers stärken sollten.

Zusätzlich erhielt jeder, der den Ring verliehen bekam, ein Standardschreiben von Heinrich Himmler, in dem die Bedeutung des Rings beschrieben wurde.

Demnach war der Totenkopfring ein:

„Zeichen unserer Treue zum Führer, unseres unwandelbaren Gehorsams gegen unsere Vorgesetzten und unserer unerschütterlichen Zusammengehörigkeit und Kameradschaft. Der Totenkopf ist die Mahnung, jederzeit bereit zu sein, das Leben unseres Ichs einzusetzen für das Leben der Gesamtheit. Die Runen dem Totenkopf gegenüber sind Heilszeichen unserer Vergangenheit, mit der wir durch die Weltanschauung des Nationalsozialismus erneut verbunden sind. […] Bekränzt ist der Ring von Eichenlaub, den Blättern des alten deutschen Baumes.“

Der Ring sei „käuflich nicht erwerbbar“, dürfe „nie in fremde Hände kommen“ und falle nach „Ihrem Ausscheiden aus der SS oder aus dem Leben“ zurück an Heinrich Himmler.

Heilszeichen? Unserer Vergangenheit? Erneut verbunden?

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Keine Religion ist höher als die Wahrheit

Dieses Zitat, das sich als Schriftzug um mehrere Symbole rankt, ziert das Siegel der „Theosophischen Gesellschaft Adyar“, der gegenwärtig größten theosophischen Organisation. Auch wenn die organisierte Theosophie heute eher ein zahlenmäßig kleines Phänomen ist, so ist doch ihr Einfluss auf die moderne Esoterik enorm gewesen.

Ziel: Die Schaffung einer aus verschiedenen Traditionen synthetisierten Welteinheitsreligion, die den Menschen durch Erkenntnis zur Erlösung aus eigener Kraft verhelfen soll.

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Der Wiener Okkultismus

Um die Jahrhundertwende entstanden in Wien neue okkultistische Gruppen.

Es gab eine Vereinigung für Okkultismus, die eine Leihbibliothek unterhielt, in der ihre Mitglieder die Werke von Zöllner, Hellenbach und du Prel konsultieren konnten. Der Verein stand Philipp Maschlufsky nahe, der ab 1903 mit der Herausgabe der esoterischen Zeitschrift „Die Gnosis“ begann. Die Arbeit wurde später von Berliner Theosophen erworben, die sie mit Rudolf Steiners Luzifer zusammenlegten. Rudolf Steiner hat in der Zeit vor der Gründung der Anthroposophie die deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft auch als Rosenkreuzertum verstanden. In mehreren Schriften und Vorträgen nimmt er darauf Bezug.

Öffentlich genannt wurde der Name Christian Rosenkreutz erstmals in drei zunächst handschriftlich verbreiteten und dann anonym erschienenen Werken, nämlich der Fama Fraternitatis, der Confessio Fraternitatis und in der Chymischen Hochzeit des Christiani Rosencreutz, im Jahre 1459 veröffentlicht, die den Einweihungsweg des Christian Rosenkreutz in Form eines alchemistischen Romans schildert.


Chymische Hochzeit, Hierogamie ist die Hochzeit zweier Götter – manchmal wird der Terminus auch auf die Vereinigung zwischen einer Gottheit und einem Sterblichen angewendet. In den mesopotamischen Kulturen von Sumer, Assur und Babylon spielte Hierogamie die bedeutendste Rolle im Kult.


Die Auffassung von Rosenkreuzern, als einem straff organisierten irdischen Orden übernahmen 1865 englische Freimaurer und Spiritisten, die die Societas Rosicruciana in Anglia (die Rosicrucian Society of England / Brethren of the Rosy Cross, so der ursprüngliche Name) gründeten. Sie wurde im Jahre 1865 von Robert Wentworth Little gegründet und nahm nur Freimaurer ab dem 3. Grad auf.

1902 versuchten Theodor Reuß und Leopold Engel einen deutschen Zweig der Societas Rosicruciana in Anglia zu gründen, dieser wurde jedoch 1906 von der Zentrale für erloschen erklärt, da Reuss in das Berliner Kollegium irreguläre Maurer okkult-mystischer Hochgradsysteme aufgenommen hatte und das Kollegium zum Zentrum des von ihm geleiteten Ordo Templi Orientis (OTO) umfunktioniert hatte.

Zu den wichtigsten Praktiken des OTO gehört die Ausübung der Sexualmagie, die der zentrale Lehrinhalt des Ordens ist. Die Ursprünge des OTO lassen sich zu den deutschsprechenden Okkultisten Carl Kellner, Heinrich Klein, Franz Hartmann und Theodor Reuß zurückverfolgen. Später wurde der OTO maßgeblich von Aleister Crowley geprägt.

Ob Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, ebenfalls Mitglied war, ist umstritten. Noch heute behaupten viele OTO-Oberhäupter, Steiner habe dem OTO angehört.

Zu den zahlreichen Kontakten, die Steiner in seiner Wiener Zeit (1879–1890) pflegte, gehören der Esoteriker Friedrich Eckstein, der ihn mit der Theosophie Helena Petrovna Blavatskys bekannt machte.

Auch in Frankreich gab es innerhalb der Hochgradmaurerei ein anhaltendes Interesse an den Rosenkreuzerlegenden: Französische Okkultisten gründeten 1888 den Ordre Martiniste, aus dem im selben Jahr der Ordre Kabbalistique de la Rose-Croix hervorging.

Wilhelm Hübbe-Schleiden war seit den 1880er-Jahren bis zum Jahrhundertwechsel die wichtigste Persönlichkeit der theosophischen Bewegung in Deutschland. Bereits 1883 soll er die Blavatskysche Theosophie kennen gelernt haben und entschloss sich, sein Leben in deren Dienst zu stellen. Bei der Begründung der ersten deutschen theosophischen Loge („Theosophische Societät Germania“) am 27. Juli 1884 in Elberfeld trat er in Anwesenheit von Colonel Henry Steele Olcott, dem internationalen Präsidenten der Theosophischen Gesellschaft, mittags in die Theosophische Gesellschaft ein und übernahm am Abend provisorisch das Präsidentenamt in der neugegründeten Vereinigung.

Kurz zuvor hatte es in Adyar, dem südindischen Zentrum der Theosophischen Gesellschaft, wo auch Helena Blavatsky lebte, den Skandal mit den sogenannten „Mahatma-Briefen“ gegeben. Die Mahatma-Briefe sollen prominenten Personen im Umfeld Blavatskys auf okkulten Wegen zugestellt worden sein. Ein Großteil dieser Briefe wird gegenwärtig in 18 Aktenordnern in der Manuskript-Abteilung des British Museum in London aufbewahrt. Die Urheberschaft der Briefe ist umstritten …

Ein Großteil des Werkes von Helena Blavatsky beschäftigt sich mit den alten spirituellen Traditionen Indiens. Blavatsky ging davon aus, dass von dort die Grundzüge aller philsophisch-religiösen Systeme überliefert wurden, die sogar zurückreichen in eine Zeit, als es noch kein Schrifttum gab. Was Blavatsky insbesondere in ihren Schriften über Indien mit anderen Menschen teilte, war nicht nur die Nation Indien als ein geografisches Gebiet.


Sie beschrieb vielmehr die Mentalität dort und bezeichnete sie als einen Bewusstseinszustand.


Laut den Schriften Helena Blavatskys gab es vor der biblischen Geschichte Adams, in Indien bereits eine Hochzivilisation. Durch indische Initiierte kam ein Mysterienwissen zuerst nach Persien, von dort nach Ägypten, wo es an die Kultur der Israeliten weitergegeben wurde. Zu diesen etwa gehörte Moses. Die jüdischen Priester sollen das alte Mysterienwissen schließlich an die Griechen und diese an Römer weitergereicht haben.


Die Erscheinungen okkulter Phänomene und Wunderwerke hatten schon immer den Effekt, dass sie viel Aufmerksamkeit erregten. Blavatsky schien ein Kanal für solch übernatürliche Wirkungen zu sein.


In seinem Buch »Die Okkulte Welt«, beschrieb der damals in Indien arbeitende, englische Zeitungsredakteur Alfred Percy Sinnet einige Phänomene, die er und andere in Madame Blavatskys Gegenwart erlebten. Er kam zu dem Schluss, dass diese Phänomene gar nicht nur durch Madame Blavatskys Fähigkeiten erschienen, sondern sie stets in Verbindung mit den Mahatmas wirkte. Sie schienen ihren Körper als Instrument, als Vehikel zu benutzen.

Aus Sicht der Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft könnte man die „Wunder“, die Helena Blavatsky während ihrer Zeit in Indien vollbrachte, mit jenen Phänomenen vergleichen, in denen Eingeweihte Ähnliches auf Erden vollbrachten – mit dem Ziel die Aufmerksamkeit Nicht-Eingeweihter zu erregen und sie dadurch für die Einflüsse höherer Absichten zu sensibilisieren.

Mit „ihrer Geheimlehre“ schuf Helena Blavatsky eine Synthese von Wissenschaft, Religion und Philosophie und damit die Grundlage für die moderne Theosophie.


Dieses Buch bildet eine der einflussreichsten Auslegungen und Erörterungen von Mythologie, antikem Schrifttum und geheimwissenschaftlichen Vorstellungen.


Die Theosophin Annie Besant schrieb über Blavatskys Geheimlehre:


„Als ich Seite um Seite des Buches durchblätterte, fesselte es immer mehr meine Aufmerksamkeit. Doch was ich darin fand erschien mir vertraut. Mein Geist schien den Schlussfolgerungen vorauszueilen, so natürlich kam es mir vor, so stimmig, so subtil und doch so einleuchtend. Ich war wie geblendet von dem Licht, in dem die darin vorgelegten Fakten analysiert und als Teil eines Ganzen gesehen wurden.“

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Über Vegetarier, Yoga-Begeisterte und ein Café in Wien

Ramharters vegetarisches Speiselokal (das erste und zu diesem Zeitpunkt einzige seiner Art in Wien) war der beliebteste Treffpunkt für Eckstein und seine Gesinnungsgenossen.

Am Stammtisch debattierten die Gäste über die vielfältigen Aspekte des Vegetarismus. Nach einem vegetarischen Mittag- oder Abendessen wanderte die Gruppe oft die Herrengasse entlang zum nahe gelegenen Café Griensteidl, wo sie die Diskussionen fortsetzten (Eckstein, Friedrich: Jugendtage mit Hermann Bahr. In: Veigl, Hans (Hg.): Lokale Legenden. Wiener Kaffeehausliteratur, S. 74-79).

Ebenfalls dem Fleisch abgeschworen hatten einige Künstler, die gleichfalls zum Stammpublikum in Ramharters Lokal bzw. dem Café Griensteidl, recht trefflich auch als „Café Größenwahn“ bezeichnet, zählten. Der sogenannte Lipiner-Kreis berief sich in Anlehnung an Schopenhauer auf eine asketische Mitleidsreligion.

Neben kultur-philosophischen oder sozialistischen Weltanschauungen zogen in den 1880er Jahren esoterische Ideen die Aufmerksamkeit eines größeren Publikums auf sich. Ebenfalls ein Gast im Café Griensteidl (wenn auch ein wenig beliebter) war Rudolf Steiner. Cafés wie das Griensteidl waren um 1880 Männerorte, was dazu beitrug, dass Vegetarierinnen damals weniger Möglichkeiten hatten, an entstehenden Bewegungen teilzunehmen. Ein privates Zentrum der künstlerisch-vegetarischen Szene Wiens in den 1880er Jahren war demgegenüber das Haus des Ehepaars Lang.

Bei der Frauenrechtlerin Marie Lang und ihrem Ehemann Edmund Lang (Mitglieder der theosophischen Gesellschaft Wien) trafen Musiker wie Hugo Wolf auf Theosophen wie Franz Hartmann. Im Winter in der Wohnung der Langs im vierten Bezirk und im Sommer im Schloß Bellevue am Kahlenberg wurde bei vegetarischem Essen über Kunst und Politik debattiert.

1814 bereits hatte die Wiener Zeitung über einen „pythagoräischen Verein“ in Großbritannien berichtet, der seit drei Jahren bestand und „der es sich zum diätischen Grundsatze macht, nur aus dem Pflanzenreiche Speisen zu genießen, und sich alles Fleisches völlig zu enthalten“. „Pythagoräer“ (bzw. „Pythagoreer“), die am weitesten verbreitete Bezeichnung für Vegetarier/innen, bezog sich auf den antiken Philosophen Pythagoras. Pythagoras Fleischabstinenz war primär durch die Vorstellung der Seelenwanderung begründet.

Laut Porphyrios kannte Pythagoras seine früheren Inkarnationen. So soll er gesagt haben:


„Zuerst war ich Euphorbos, beim zweiten Mal Aithalides, beim dritten Hermotimos, beim vierten Pyrrhos, jetzt aber Pythagoras.“ (VPyth. 45)


Pythagoras war der Meinung, dass die Menschen zur Bestrafung auf der Welt seien und stellte einen Zusammenhang zwischen diesseitigem Verhalten und dem Glück im Jenseits her. Dieses sei durch die Reinheit in der Lebensführung zu erreichen. Der sizilische pythagoreische Universalgelehrte Empedokles sagte in diesem Zusammenhang, dass diejenigen Seelen, welche die höchste Reinkarnationsstufe erfolgreich durchlaufen hätten, ein von jedem menschlichen Leid freies Leben als Tischgefährten der Unsterblichen führen würden.

Pythagoras war in seiner Seelenlehre durch Orpheus, den mythischen Sänger aus Thrakien, inspiriert. Dieser galt als ein Begründer der Mysterienkulte in Griechenland.


Laut Platon versprachen die orphischen Mysterienpriester denjenigen, die sich von ihnen einweihen ließen, dass der Vollzug der Initiationsriten, der mit Opfern und lustvollen Ergötzungen verbunden war, sie vom Elend im Jenseits befreien werde, welches dagegen die Uneingeweihten erwarte.


Pythagoras ließ sich in ägyptische, babylonische, iranische und, wie sich von selbst versteht, auch in griechische Mysterien einweihen.

Am Ursprung der griechischen und damit der europäischen Philosophie stehen also keine Universitäten, Kongresse und Seminare, wie man vermuten würde, sondern Tempelweistümer, Theophanien und mystische Bruderschaften. Thaies, dem die Ansicht zugeschrieben wird, dass der Urgrund der Dinge im Wasser bestehe, hat auch gesagt, „dass alles von Göttern voll“ sei …

Nachdem sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Begriff „Vegetari(an)er“ etabliert hatte, wurde diese Bezeichnung und „Pythagoräer“ verwendet, wie die Erinnerungen Friedrich Ecksteins zeigen:


„Während ich selbst, wie einige meiner nächsten Freunde, nach den Thesen des Pythagoras, Sommer und Winter stets ganz in Leinen gekleidet ging, erschienen wieder andere in naturfarbenen härenen Gewändern […] In einem gewissen Gegensatz zu dieser Pythagoräer-Gruppe stand die andere, mehr rationalistische der jungen Sozialisten“.


Karl Baier schreibt bzgl. der Gruppierungen um den „Wiener Okkultismus“:

„Es verkehrten dort zwei Parteien: die Pythagoräer, also die Esoterikfront, und die Sozialisten, die die Weltrevolution planten.“

Über Eckstein und andere kam Sigmund Freud auch mit Yoga in Verbindung. Dass er selbst praktizierte, ist laut Baier aber ausgeschlossen. Freuds Interesse sei mehr psychologischer Natur gewesen. „Im Unbehagen in der Kultur geht Freud auf Yoga ein“, sagt Baier. Ganz anders Carl Kellner – eine zentrale Figur der Zeit.

1873 wurde dieser in die Loge „Humanitas“ in Neudörfl als Freimaurer aufgenommen, aber bereits am 13. Mai 1875 „wegen Nichteinhaltung der freimaurerischen Verpflichtungen“ wieder aus der Loge ausgeschlossen. 1885 begegnete Kellner Franz Hartmann, einem gelehrten Theosophen und Rosenkreuzer.

1895 begann Kellner seine Idee der Gründung einer „Academia Masonica“ mit Theodor Reuß unter dem Namen Orientalischer Templerorden zu besprechen. Für den 3. Internationalen Psychologiekongress in München 1896 schrieb er das Traktat Yoga. Eine Skizze über den psycho-physiologischen Teil der alten indischen Yogalehre. Der Text ist in dem Satanismus-Buch des Psychologen und Theologen Josef Dvorak, eines ehemaligen „Wiener Aktionisten“, abgedruckt.

Carl Kellner wurde nach seinem Tod zur Kultfigur in der okkulten Szene. In der Yogaszene ist er heute vergessen, ebenso wie der deutsche Theosoph Franz Hartmann, der 1899 in der Wiener Rundschau einen weiteren wichtigen Yoga-Artikel publizierte: Über die Bhagavadgita der Indier. 1904 veröffentlichte Hartmann eine Übersetzung aus dem Englischen.


Yoga und eine Ernährung ohne Fleisch gehören zusammen wie der Fisch und das Wasser.


Es heißt, dass es tatsächlich für alle autorisierten Yoga-Methoden unabdingbare Voraussetzung sei, einer strikt vegetarischen Diät zu folgen. Yoga wird meist mit Askese verknüpft. Tatsächlich wird im 12. Vers des achten Kapitels der Bhagavadgita erklärt:


„Yoga bedeutet, sich von allen Tätigkeiten der Sinne zu lösen…“

An einer anderen Stelle (Vers 3.5) aber heißt es:

„Jeder ist gezwungen, hilflos nach den Drängen zu handeln, die von den Erscheinungsweisen der materiellen Natur hervorgerufen werden; deshalb kann niemand auch nur für einen Augenblick aufhören, etwas zu tun.“

Die Lösung dieses scheinbaren Widerspruchs finden wir ebenfalls in der Bhagavadgita:

„Die verkörperte Seele kann zwar von Sinnenfreuden zurückgehalten werden, aber der Geschmack für die Sinnesobjekte bleibt. Wenn sie jedoch solche Neigungen aufgibt, da sie einen höheren Geschmack erfährt, ist sie im Bewußtsein gefestigt.“


Die verkörperte Seele … im Bewusstsein gefestigt … Für was? Eine gute Frage – überlegen Sie bitte selbst weiter!


Die Yoga-Proponenten Hartmann, Kellner und Eckstein waren nicht nur bekannt, sie waren Freunde.

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Die Wiener Theosophen, Kabbalisten, Rosenkreuzer und Alchemisten

Vor allem über Friedrich Eckstein wurde die Theosophie in Wien bekannt gemacht. Im Juni 1886 erhielt dieser eine von Helena Blavatsky persönlich unterzeichnete Stiftungsurkunde für die Wiener Loge der Theosophischen Gesellschaft. Damit gründete er 1887 die erste offizielle Loge dieser Gesellschaft in Österreich, deren Präsident Hartmann wurde. Er war auch mit Gustav Meyrink befreundet und verkehrte mit dem Theosophen Henry Steel Olcott und bis zu dessen Wegzug aus Wien mit Rudolf Steiner.


In Wien, wo Literatur, Kunst, Musik, Philosophie und Geschäft in Kaffeehäusern ihr Heim hatten, war es nur natürlich, daß auch Mac Eck, die Weisheit in persona, an einem Café-Tisch thronte. In einer Ecke des Café Imperial saß er von Morgen bis Mitternacht. Er hatte einen Ziegenbart und einen mongolischen Augenausschnitt. Sein Alter war selbst seinen vertrautesten Freunden nicht bekannt… Julius, der alte Oberkellner, behauptete jedenfalls, er habe Mac Eck schon in der gleichen Ecke des Cafés vorgefunden, als er seine Laufbahn als Piccolo begann. Selbst unter den berühmtesten Wiener Berühmtheiten gab es keinen, der sich nicht gern an Mac Ecks Stammtisch eingefunden hätte: Hugo Wolf, Johann Strauß, Helena Blavatsky und Annie Besant, Ferdinand Bruckner, Sigmund Freud, Alfred Adler und Leo Trotzki – sie alle berieten sich mit ihm…

Wenn Hugo von Hofmannsthal, Werfel und Rilke über ein Gedicht in Zweifel waren, so pilgerten sie zu Mac Eck. Architekten legten ihm ihre Baupläne, Mathematiker ihre Gleichungen, Physiker ihre Formeln, Komponisten ihre Partituren zur Begutachtung vor. Juristen und Psychoanalytiker besprachen ihre Fälle mit ihm. Schauspieler befragten ihn über ihre Rollen und Historiker über ihre Geschichtstheorien. Selbst der kaiserliche Hofzeremonienmeister erschien eines Tages, um Mac Eck über eine strittige Frage der spanischen Hofetiquette zu konsultieren. Mac Eck kannte sich in allen Gebieten aus. Wollte jemand die Haupt- und Nebenflüsse in Paraguay wissen, eine Auskunft über Neuthomismus, das erste romantische Gedicht oder die früheste Erwähnung der Zahnbürste, so wandte er sich an Mac Eck. Der Spötter Karl Kraus, der im Imperial am Nebentisch seinen Sitz aufgeschlagen hatte, wagte als einziger, sich über Mac Ecks Allwissen lustig zu machen. ‚Ich hatte heute nacht einen Alptraum‛, erzählte er einmal. ‚Ein Band Brockhaus stieg aus dem Regal herab, um in Mac Eck etwas nachzuschlagen.‛

Mac Eck, der sich in allen geistigen Dingen auskannte, wußte natürlich auch über alle praktischen Fragen Bescheid. Er konnte Kunsthändlern sagen, welcher Liebhaber sich für ein ganz bestimmes Bild aus der Frührenaissance interessieren würde; er sah auf den ersten Blick den Unterschied in der Webart von Brünner und englischen Stoffen, er konnte Buchhändlern den Wert von Erstausgaben angeben und wußte, wer in Europa was finanzieren würde.“
(René Fülöp Miller über Friedrich Eckstein, „Der Narr im Frack“. In: Der Monat (4) 1952, S. 401f)

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Im Dezember 1907 gründete Franz Herndl, der zwei okkulte Romane verfasste und ein wichtiges Mitglied der Guido von List Gesellschaft war, nach Nicholas Goodrich-Clarke den Sphinx Leseverein, eine ähnliche okkulte Studiengruppe. Astrologie und andere okkulte Wissenschaften waren auch in Wien vertreten. Nach seiner Rückkehr aus den USA in seine Heimatstadt gründete Karl Brandler-Pracht 1907 die Erste Wiener Astrologische Gesellschaft. Diese okkulte Subkultur in Wien war vor Ausbruch des Krieges alltäglich.

Hinter den mantischen Systemen der Astrologie, Phrenologie und des Handlesens stehen nicht weniger die Lehren der Theosophie, die Quasi-Wissenschaften der Dynamosophie, des animalischen Magnetismus und der Hypnose sowie ein textueller Antiquarismus über die esoterische Literatur traditioneller Kabbalisten, Rosenkreuzer und Alchemisten.

Die okkulte Wissenschaft neigte dazu, die intime und bedeutungsvolle Beziehung des Menschen zum Kosmos in Bezug auf „offenbarte“ Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos zu betonen und der materialistischen Wissenschaft entgegenzuwirken, indem sie die Betonung auf greifbare und messbare Phänomene legte und die unsichtbaren, den Geist und die Emotionen angehenden Phänomene vernachlässigte.

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Im Jahre 1898 war Lanz von Liebenfels (der Gründer des Neutempler-Ordens) zum Priester geweiht worden. Kaum ein Jahr später wurde er aufgefordert, den Priester-Orden zu verlassen. Lanz selbst gab später an, seine ständig u. a. „steigende Nervosität“ seien der Grund für seinen im April 1899 vollzogenen Austritt gewesen.

Nach seinem Austritt aus dem Kloster verfasste er Schriften über Anthropologie, Archäologie und Frühgeschichte, die sich um die arische Rasse drehten. Eigenen Aussagen zufolge hat sich Lanz von Liebenfels den Kern seiner späteren Weltanschauung bereits 1894 durch folgende Begebenheit erschlossen:


Bei der Betrachtung eines Grabsteins, auf dem ein Ritter abgebildet ist, der einen Hundsaffen niederringt, sei ihm schlagartig aufgegangen, dass die Rasse der „Arier“ oder „Herrenmenschen“ einen ständigen Abwehrkampf gegen die Rasse der „Nichtarier“ oder „Affenmenschen“ zu führen habe.


Der erwähnte Neutempler-Orden wurde im Jahr 1900 von Liebenfels in Wien gegründet. Unterstützt durch Guido von List, dem es später im Jahre 1907 ebenfalls gelungen war, sein erfundenes Adelsprädikat amtlich beglaubigen zu lassen, überzeugte er damals jedoch nicht nur die breite Öffentlichkeit, sondern auch das für ihn zuständige Wiener Meldeamt von seiner geänderten Identität.

Im Jahre 1925 legte Lanz von Liebenfels seine ariosophische Geheimlehre vor (u. a. Handlesen, Astrologie, Heraldik, der kabbalistischen Interpretation von Namen, Numerologie). In diesem Zusammenhang knüpfte auch er an Guido von List an.

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Guido von List war dem Berliner Theosophen Max Ferdinand von Sebaldt verpflichtet. Der erste Hinweis darauf, dass List die Arbeit von Sebaldt kannte, stammt aus seinem nicht signierten Artikel ‚Germanischer Lichtdienst‘, der 1899 in „Der Scherer“, einem satirischen Tiroler Monatsmagazin, erschienen ist. List erörterte darin die religiöse Bedeutung heidnischer Sonnenwenden.

Im September 1903 veröffentlichte die Wiener Zeitschrift „Die Gnosis“ einen Artikel von List, der seine fortdauernde Verpflichtung gegenüber des Berliner Theosophen Max Ferdinand von Sebaldt anzeigte. Er diskutierte die „altarische Sexualreligion“ und eine mystische Kosmogonie. Die germanischen Götter Wotan, Donar und Loki wurden als Symbole für esoterische kosmologische Ideen gedeutet, deren sebaldtischer Stempel für die Zeitgenossen offensichtlich gewesen ist.

Dieser Gnosis-Artikel Lists markiert den ersten Schritt in List Ausführung einer germanisch-okkulten Religion, deren Hauptanliegen die Rassenreinheit war.

Ein Verlag mit dem Namen Wilhelm Friedrich hatte bereits die Werke von Hartmann und Hübbe-Schleiden sowie Übersetzungen der englischen Theosophen in Leipzig veröffentlicht. Wilhelm Friedrich hatte auch die okkulten Werke des bereits erwähnten Max Ferdinand Sebaldt von Werth (1859–1916) veröffentlicht. Als die Theosophie um die Jahrhundertwende durch die deutschen Verlage immer bekannter wurde, stellte die Theosophie eine detaillierte Sammlung von Lehren dar, wie sie in der neu verfügbaren Übersetzung von Blavatskys Hauptwerk „Die Geheimlehre“ und den zahlreichen Essays und Kommentaren von Franz Hartmann, u. a. aufgegriffen wurden.

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Späteren Selbstdarstellungen zufolge entwickelte Guido von List bereits in jungen Jahren eine Neigung zum Spirituellen. Mit 25 Jahren ließ sich Guido List in der Loge „Humanitas“ in Neudörfl (einer Tochterloge der Großloge Pest) als Freimaurer aufnehmen.

In den 1890er Jahren entwickelte er zunehmend durch Arbeiten von Sebaldt inspiriert die Vorstellung eines Wotan-Kultes als der nationalen Religion der „Teutonen“ zum Kerngedanken von Lists Mythologie. 1902 erblindet, wendete er sich verstärkt esoterischen Vorstellungen zu und konzipierte eine „arische Ursprache“ und Deutungen der Runen (Armanen-Futhark) und anderer Symbole in alten Inschriften. Er gründete 1911 den Hohen Armanen-Orden (HAO) als inneren Zirkel der List-Gesellschaft.

Der heutige Armanen-Orden (AO) ist eine 1976 gegründete „germanisch“-neuheidnische Organisation im deutschsprachigen Raum, die an die Ariosophie Lists anknüpft. Neben Guido von List stellen Ideologen wie Karl Maria Wiligut, Julius Evola, Johann von Leers oder Alain de Benoist Bezugspunkte des Armanen-Ordens dar. Eine Zusammenarbeit gibt es u. a. mit der Artgemeinschaft (Germanische Glaubens-Gemeinschaft) wesensgemäßer Lebensgestaltung, die bis 2009 von Jürgen Rieger geleitet wurde.

Beim heutigen Armanen-Verlag, einem Versandbuchhandel, handelt es sich um den hauseigenen Verlag des Armanen-Ordens, der entsprechende Autoren im Programm hat … Ziel des Armanen-Ordens ist es, durch Erberinnerung die altgermanische heidnische Religion wieder zu errichten und gegen die „zersetzenden Mächte“ die „Weltenwende“ durchzusetzen.


Lists Vision der alten Priesterschaft der Armanen orientierte sich an freimaurerischen und rosenkreuzerischen Vorbildern.


Guido von List behauptete, die Armanen hätten die Verfolgung durch das Christentum überstanden und unter den Templern, Kabbalisten und Rosenkreuzern bis in die Gegenwart weiter existiert … Die von ihnen angeblich bewahrte alte germanische Weisheit umschrieb List mit Begriffen aus dem Freimaurertum, der Kabbala und der Alchemie.

List kam, wie weiter oben ausführlicher ausgeführt, auch in Kontakt mit dem deutschen Zweig der Theosophischen Gesellschaft und übernahm von der Gründerin der Theosophie, Helena Blavatsky, die durch die entsprechenden Vertreter und Verleger verbreitet wurde und denen List nahe stand, deren Lehre von der Wurzelrasse. Für Blavatsky war diese Wurzelrasse, zusammen mit der germanischen Unterrasse, die höchste Entwicklungsstufe der Menschheit.

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Helena Blavatsky stützte sich in „ihrer“ Lehre auf eine Reihe von Sekundärquellen, die sich mit heidnischer Mythologie und Mysterienreligionen, Gnosis, Hermetica und der arkanen Überlieferung der Gelehrten der Renaissance, Rosenkreuzer und anderer geheimer Bruderschaften befassten. 1875 gründete Blavatsky mit dem bereits erwähnten Henry Steel Olcott die Theosophische Gesellschaft.

W. E. Coleman hat gezeigt, dass ihre Arbeit ein in sehr vielen Bereichen ein Plagiat von etwa hundert zeitgenössischen Texten ist, die sich hauptsächlich auf alte und exotische Religionen, Dämonologie, Freimaurerei und den Fall des Spiritualismus beziehen.

Hinter diesen unterschiedlichen Traditionen erkannte Frau Blavatsky die einzigartige Quelle ihrer Inspiration: die okkulte Überlieferung des alten Ägypten. Ihre Faszination für Ägypten als Quelle aller Weisheit ergab sich aus ihrer begeisterten Lektüre des englischen Autors Sir Edward Bulwer-Lytton, dessen „The Coming Race“ Mythos später in der (fiktiven) Vril-Gesellschaft fortlebte …

Am neuen Sitz der Theosophischen Gesellschaft in Madras schrieb Blavatsky „Die Geheimlehre“, welche erneut ihr Plagiat verriet, doch jetzt waren ihre Quellen hauptsächlich zeitgenössische Werke zum Hinduismus und zur modernen Wissenschaft.

Ihr neues Buch wurde als Kommentar zu einem „geheimen Text“ namens ‚Stanzas of Dzyan‘ vorgestellt, den sie angeblich in einem unterirdischen Himalaya-Kloster gesehen hatte. Dzyan ist der tibetanische Name des Daoisten Ly-tzyn, der im vierten Jahrhundert lebte und das Buch Yu-Fu-King (engl. The Book of the Secret Correspondences) verfasste, welches 1878 in Florenz erneut publiziert wurde und Blavatsky bekannt gewesen sein dürfte. 

Der jüdische Theosoph Leonard Bosman postulierte hingegen 1913, das Buch des Dzyan basiere auf dem Sifra di-Tzeniutha, einem Teil des kabbalistischen Grundwerks Zohar. Der Religionshistoriker Gershom Scholem schloss sich dieser These an. Auch unter christlichen Gelehrten hat der Zohar, häufig auch Sohar (gilt als das bedeutendste Schriftwerk der Kabbala) einige Resonanz hervorgerufen, insbesondere in der Neuzeit durch die lateinische Übersetzung im zweiten Teil von Christian Knorr von Rosenroths Kabbala denudata.


Keine einzige Wissenschaft der Welt ist in der Lage, weder graphisch noch analytisch in Form einer Formel, unsere Empfindungen und Wünsche zu beschreiben. Wie vielfältig und verschiedenartig, veränderlich und absolut verschieden sie bei jedem von uns sind, so sind sie auch unvorhersehbar. Das ist deshalb so, weil sich unsere Wünsche permanent in einer bestimmten Reihenfolge, nach und nach uns, unserem Verstand und unseren Gefühlen zeigen, damit wir sie begreifen und korrigieren können.

Der Mensch ist als ein absoluter Egoist erschaffen. Von seinesgleichen, von seiner Umwelt, kann er keine anderen als egoistische Wünsche übernehmen. Er hat auch gar keine Verbindung mit den Höheren Welten, da eine Verbindung nur möglich ist, wenn die Eigenschaften übereinstimmen. Nur durch altruistisches Verlangen kann man die Höhere Welt wahrnehmen.Daher hat der Mensch in unserer Welt überhaupt keine Möglichkeit, aus sich selbst heraus die Grenzen unserer Welt zu überschreiten. Deshalb wurde uns die Torah gegeben und ihr wirksamster Teil – die Kabbalah, um den Menschen zu helfen, sich die Eigenschaften der Höheren Welten anzueignen.

(Kommentar zur Einleitung des Buches „Sohar“ aus dem 2. Jahrhundert von Rabbi Schimon Bar Yochai, von Rabbi Michael Laitman)


Die fünf Bände des Zohar bestehen vielen Teilen u. a. einem „Zohar zum Hohenlied“. Eine kultisch-mythologische Theorie betont die Übereinstimmungen mit sumerischen und akkadischen Texten über die ganz zu Anfang des Artikels erwähnte heilige Hochzeit.

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Von Arisophen, der Edda-Gesellschaft und Wotans direkten Nachfahren

Die Ariosophie greift – vor Allem – auf zentrale Gedanken der Theosophie zurück. Diese wiederum auf die Kabbala.

Lanz von Liebenfels, Lists Schüler und Freund gründete in Wien die „Guido-von-List-Gesellschaft“ zur Förderung dessen „Forschungen“ und Publikationen, der viele namhafte Deutschnationale und Esoteriker aus Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich angehörten. Zu den durch diese Gesellschaft geförderten Publikationen gehörten „Das Geheimnis der Runen“ und „Die Armanenschaft der Ario-Germanen“, eine Darstellung der Wotan-Priesterschaft. Die Gesellschaft sollte streng feudalistisch-hierarchisch strukturiert sein – wobei List sich an dem zehnstufigen Lebensbaum der Kabbala orientierte. Eines von Lists Werken (1926) lautet „Der Übergang vom Wuotanismus zum Christentum.“

List benannte seine Lehre („Wuotanismus“) nach Wotan/Odin.

Als Überlieferung der alten germanischen Mythologie betrachtete er die nordische Edda, aus deren 18 Strophen des Hávamál List je eine Rune des während der Erblindung empfangenen Runen-Futhark zuordnete. Diese bedachte List mit seiner jeweiligen bestimmten okkulten Bedeutung. Guido von List betrachtete sich übrigens selbst als den letzten Magier der Armanen, die früher die geistigen Führer, so etwas wie die Priester der „Arier“ gewesen seien.

Das angefangene Werk „Armanismus und Kabbala“ konnte er nicht mehr vollenden und es wird über die Gründe heute wild spekuliert, was dem ganzen mit Sicherheit das gewisse Etwas verleihen und begeistern soll.

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Am 11. November 1932 gründete ein Industrieller mit dem Namen Johann Walthari Wölfl, der unter dem Einfluss der Ariosophen stand, in Wien einen Verein namens Lumenklub, der sich mit der Mitgliedschaft im ONT überschnitten hatte.


Beeinflusst von Guido von List und Lanz von Liebenfels wurde nach 1918 in Deutschland von Rudolf John Gorsleben eine neue „arische okkultistische Bewegung“ ins Leben gerufen.


Rudolf John Gorsleben gründete die Edda -Gesellschaft und verfasste das 1930 erschienene Buch „Hoch-Zeit der Menschheit“. Dieses Buch ist als „Die Bibel des Armanismus“ bekannt und wurde von dem Okkultisten Karl Hans Welz ins Englische übersetzt.

Großmeister der Edda-Gesellschaft war Werner von Bülow (1870–1947), Schatzmeister war Friedrich Schäfer aus Mühlhausen , dessen Frau Käthe für einen anderen okkult-völkischen Kreis, der sich Anfang der 1930er Jahre um Karl Maria Wiligut versammelte.


Der Einfluss dieser erwähnten Leute auf die Nachwelt war mit Sicherheit durch die diversen Verbindungen (Logen, Gesellschaften, Zirkel, etc.) in und um Wien (und weit darüber hinaus) vielschichtig!


Der mit Abstand Bedeutendste verlaufe über einige deutsche Mitglieder der List-Gesellschaft wie Bernhard Koerner, Philipp Stauff und Eberhard von Brockhusen, die auch bei der Gründung des Germanenordens beteiligt waren, von welchem über die Thule-Gesellschaft eine Verbindung zur NSDAP entstand.

Daneben gab es allerdings auch List-Anhänger, die seinen Armanismus, seine Runen-Lehre und seine Edda-Interpretationen in ariosophischen Zirkeln pflegten, später in den 1930er Jahren Einfluss auf Heinrich Himmler erlangten und auf diesem Weg zum Symbolismus sowie den Ritualen der SS beitrugen – allen voran der bereits erwähnte Karl Maria Wiligut, der wiederum bis heute weiterwirkt.

Hierfür als Exkurs nur ein Beispiel für die Verkettung entsprechender weiterer Einflüsse:


Der in der Schweiz seit 1999 ansässige SoL (Schwarzer Orden Luzifers) bezieht sich unter anderem auf Schriften Karl Maria Wiliguts. Anton LaVey der Gründer der CoS (Church of Satan) und seine Schweizer Vertretung haben sich zur Pflege und Weiterentwicklung dieser Lehren verpflichtet. The Temple of Set (ToS) wurde von ehemaligen Mitgliedern der CoS unter Leitung von Michael Aquino nach einem Zerwürfnis mit LaVey gegründet. 1983 führte Aquino einen Einzelritus in der „Walhalla“ durch, dem unterirdischen Teil der Wewelsburg, der während der NS-Zeit von der Ahnenerbe-Gruppe als Zeremonialraum genutzt wurde. Dies führte zur Gründung des Trapezordens, einer Gruppe von Sethianern, deren Mitglieder sich als Ritterorden verstanden. Von 1987 bis 1995 war der Großmeister des Ordens Edred Thorsson. Thorsson übte durch seine Bücher, in denen er Aspekte der satanischen Philosophie mit der modernen heidnischen Religion der Heidentum verband, einen ‚erkennbaren Einfluss‘ auf die Gemeinschaft der Seten aus. 1980 gründete er die in Texas ansässige Rune-Gild, die viele der wichtigsten philosophischen Grundsätze des Tempels teilte, sich jedoch auf das Studium von Runen und deren Anwendung in der magischen Praxis konzentrierte. Hinter diesen Vertretern dieser Lehren steht eine breite intellektuelle und philosophische Front, die versucht, den Kampf mit geistigen Inhalten zu füllen. So schrieb z. B. Stephen Edred Flowers (alias Edred Thorsson) für die englische Ausgabe des neuheidnischen Werks „On being a Pagan“ (dt. Heide Sein) des bereits erwähnten Alain de Benoist das Vorwort. De Benoist vertritt einen Neopaganismus, der eine angeblich ursprüngliche, polytheistische, indogermanische Religion beleben will und dient hier nur als Beispiel, wie diese Verbindungen bis heute wirken. De Benoist wird gerne auf der Seite „Sezession“, einem der Sprachrohre des IfS (Institut für Staatspolitik) behandelt … Mit dem IfS stehen diverse Neu-Rechte diverse Lager in Verbindung und holen sich dort „ihre“ Inspiration! Es gilt als Denkfabrik der Neuen Rechten …

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Karl Maria Wiligut wurde am 1866 in Wien geboren und befasste sich mit Runen, Heraldik und Symbolkunde. Er gab an, hellseherische Fähigkeiten zu besitzen. Karl Maria Wiligut wurde vornehmlich von Guido von List beeinflusst. Er veröffentlichte im Jahr 1903 das Buch „Seyfrieds Runen“.

Der SS-Offizier und Mitglied des Neutempler-Ordens Richard Anders hatte Wiligut wohl auf einer Konferenz der Nordischen Gesellschaft mit Heinrich Himmler bekannt gemacht. Diesen beriet Karl Maria Wiligut über die Jahre auch in Fragen der Astrologie etc. pp.. Aufgrund seines starken Einflusses auf Heinrich Himmler wurde er auch als „Himmlers Rasputin“ bezeichnet. Karl Maria Wiligut war es auch, der eine Zeit lang Einfluss auf die Umgestaltung der Wewelsburg zu einer Ordensburg der SS ausübte. Gerade im Neofolk-, Gothik- und Industrial-Bereich gibt es ein reges Interesse an dieser Burg und auch der damit verbundenen Symbolik.

In der Öffentlichkeit nahezu unbekannt, stieg der fast 70-jährige Karl Maria Wiligut in dieser Zeit der 1930er bis zum SS-Brigadegeneral auf. Wiligut stand der Edda-Gesellschaft sehr nahe und veröffentlichte unter dem Pseudonym Jarl Widar Gedichte in deren Widar-Heften.

Wiligut übernahm im Oktober 1934 die Leitung der Abteilung Vor- und Frühgeschichte des Rasse- und Siedlungshauptamtes. Ab Januar 1936 war er im Rasse- und Siedlungshauptamt mit Sonderaufgaben betraut.


Wiligut behauptete von sich selbst, dass seine Familie und damit er direkt von den Asen abstamme.


Wiligut war auch davon überzeugt, dass in Tibet Überlebende des sagenhaften, untergegangenen Kontinents Atlantis Reiche aufgebaut und dort ihr Wissen aufbewahrt hätten.

Weder wurde er von Jakob Wilhelm Hauer, dem Gründer der „Deutschen Glaubensbewegung” noch von Wilhelm Teudt, dem in völkischen Kreisen angesehenen Leiter der „Vereinigung der Freunde germanischer Vorgeschichte” ernst genommen. Wiligut beehrte Teudt wohl mit einem Aufsatz über seine Steinsammlung, den dieser offenbar unbeantwortet abheftete. Die Urteile über Karl Maria Wiligut reichen von „senilem Erotiker“ (Herman Wirth) über „grotesk“ (J.O. Plaßmann) bis hin zu „Idiot“ (Walter Wüst).

Die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e. V. war eine Forschungseinrichtung der SS, die von Heinrich Himmler und Herman Wirth als ‚Deutsches Ahnenerbe‘ Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte e.V.“ gegründet worden war. Die Organisation ermöglichte Wirth und Wiligut zeitweise eine prestigeträchtige Integration in das NS-System. Demgegenüber wurden etliche völkische Gruppierungen verboten, einzelne Runen-Vertreter wie Friedrich Bernhard Marby wurden verhaftet. Friedrich Bernhard Marby geht in seinen Werken auch auf diese Thematik ein. Durch den Fokus der ersten Jahre des Ahnenerbes auf germanische Geschichte und Vorgeschichte waren Konflikte mit anderen nationalsozialistischen „Forschungseinrichtungen“ abzusehen. An erster Stelle ist dabei das Amt Rosenberg zu nennen, dessen Leiter Alfred Rosenberg sich schon vor der Gründung des Ahnenerbes einen ideologischen Kleinkrieg mit Herman Wirth lieferte.

Herman Wirth trat 1938 folglich aus dem Ahnenerbe aus. Zu dieser Zeit wurde auch öffentlich bekannt, dass Karl Maria Wiligut die Zeit von 1924 bis 1927 in einer Salzburger Nervenheilanstalt verbracht hatte und 1925 entmündigt worden war.

Es heißt, dass Wiligut während er 1924 in einem Wiener Café einen Kaffee trank, gewaltsam in eine Nervenheilanstalt überführt worden sei. Die Ärzte dort nahmen folgendes zur Kenntnis:


Wiligut sei ein direkter Nachkomme von „Wodan“, ein Spross einer geheimen Linie des deutschen Königtums.


Wir sollten uns in diesem Zusammenhang an die Forschungen von Bernhard Kummer „Der Gott Odin, sein Chronist und sein Gefolge“ erinnern!

Weiter behauptete Wiligut, die Bibel sei ursprünglich in Deutschland geschrieben worden … Sie sei ein christlich überfremdetes Dokument des alten Irminenglaubens, den Wiligut mit Hilfe der SS erneuern wollte. Er beschrieb Elemente dieses Glaubens, beispielsweise ein sogenanntes „Ur Vatar unsar” oder die „Neun Gebote Gôts”. Dabei berief er sich auf die Autorität seiner sogenannten Erberinnerung, also auf ein in seinem Erbgut enkodiertes Wissen um die Geschichte seiner Sippe (Wili-Goten“ hielt, auf eine mündliche Überlieferung der „Asa-Uana-Sippe). Für diese vereinnahmte er dann auch zahlreiche innerhalb der völkischen Bewegung als heilig verehrte Plätze. So sei die Stadt Goslar, das völkische Jerusalem, das erste heilige Zentrum der Irministen, nach dessen Zerstörung sie einen zweiten Tempel bei den Externsteinen in der Nähe von Detmold errichteten …

Als Wiliguts Krankengeschichte bekannt wurde, musste dieser schließlich die SS verlassen, weil er zunehmend als Scharlatan entlarvt wurde. Ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass es Herman Wirth war, der Wiligut als Scharlatan direkt bezeichnet hatte. Richard Walter Darré unterstütze Wiligut weiterhin, indem er ihm den repräsentablen Werderhof in Goslar als Wohnsitz zur Verfügung stellte.

Herman Wirths historische und ethnographische Thesen wurden und werden von der wissenschaftlichen Fachwelt einhellig abgelehnt. Interessanterweise wurde „Der Aufgang der Menschheit – Untersuchungen zur Geschichte der Religion, Symbolik und Schrift der atlantisch-nordischen Rasse (E. Diederichs, Jena 1928) nach Kriegsende in der sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.

Nach Ansicht von Wirth und seinen Schülern gehören die Nachkommen der Hyperboreaner oder der reinen Arier derzeit zu allen Völkern der Erde, unabhängig von ihrer Hautfarbe. Die Europäer, einschließlich der Deutschen, seien in dieser Hinsicht in keiner Weise überlegen. Selbstverständlich widerspricht das in vollem Umfang der eben detailliert ausgeführten Rassenlehre der Ariosophen.

Noch interessanter finde ich die These, dass laut Herman Wirth Tiu, Tyr und Tuisto nicht einfach die Namen alter Gottheiten im deutschen Heidentum sind. Die arischen Vorfahren bekannten laut Herman Wirth nie die Existenz separater, individualisierter Gottheiten. Dasselbe lesen wir übrigens auch in Bernhard Kummers Werken.

Das Heidentum entstand erst durch die Krise, die aus der patriarchalen Machtergreifung entstanden war.


Nach der Örv.-Odds 17 (Fas. II. S. 228) erklären die Heiden vor dem christlichen Münster sogar ausdrücklich, dass sie keinen anderen Glauben haben (weder an Thor noch an Odin), als den an ihre eigene Macht und Stärke.

(„Midgards Untergang“, Bernhard Kummer, S. 154)


Durch was entsteht wohl diese eigene Macht und Stärke?

Durch Beeinflussung des Bewusstseins durch „geistige“ Strömungen? Durch die Festigung des Bewusstseins der verkörperten „Seele“, indem sie Fleisch meidet? Durch okkulte Praktiken, die der Kabbala entstammen? Oder die Anrufung der Götter? Durch Ausübung von Runen-Magie?

Was denken Sie und warum denken Sie es?

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(wird fortgesetzt in Teil 2 )