Snorri Sturluson

Snorri, der große Sohn des Isländers Sturla, nach dem die Sturlungen heißen, ist als Gelehrter und besonders als lebendiger Geschichtsschreiber sehr zu achten und zu bewundern. Eugen Mogk hat ihn mit Thukvdides verglichen.

Er wurde 1179 geboren, am Hofe Oddi von einem gelehrten Manne, aufgezogen, heiratete zwanzigjährig eine sehr reiche Frau, gewann sich im Laufe der Zeit 16 Höfe und, ränkevoll — ehrgeizig — sehr viel Macht, hatte Kinder von zwei Ehefrauen und drei anderen Frauen, beschäftigte sich mit der Geschichte seiner Vorfahren und schrieb vielleicht selbst über sie die „Egilssaga“, in der manche schon befremdlichen Züge eines sehr gemischtrassigen Geschlechtes ste­hen.

Dann schrieb er ein Dichterlehrbuch für die Dichter seiner Zeit, die sogenannte „Edda“ des Snorri, oder Prosa-Edda, mit Zitaten aus einer Liederhandschrift, die man erst 1613 wiederfand und dann die „ältere Edda“ nannte. Er schrieb darin Mythen und Erzählungen von den alten Göttern auf, umgewertet natürlich, wie er ausdrücklich betont, und dann eine Dichterschule, endlich eine 100 Strophen umfassende in wechselndem Versmaß gedichtete Lobpreisung auf den Her­zog Skule und den König Hakon von Norwegen (gest. 1263).

Endlich schrieb er um 1230 sein berühmtes „Königsbuch«, die sogenannte „Heimskringla“, die die nordische Geschichte von Urzeiten — wie Snorri sie gesehen hat — bis zum Jahre 1177 darstellt. Er kommt mit dem großen Enkel des edlen, im Banne Roms, siegreich gestorbenen Königs Sverrir in Gegensatz, tritt auf die Seite von dessen Gegner, des von der römischen Partei gestützten Herzogs und Gegenkönigs Skule, fährt gegen das Verbot und die Interessen des Königs nach Is­land, wird auf Wunsch des Königs des Landes verwiesen und; da er sich weigert, erschlagen (1241).

Auch ein großer Geist kann nur im Gefüge seiner Zeit, die er erlebt, verstanden erstanden werden. Als Snorri 5 Jahre alt ist, sind die Gemüter aller erregt von dem großen Ereignis, daß ein unbekannter Mann von den Färöern in siebenjährigem Kampf den von Erzbischof und Legat des Papstes gekrönten und geweihten König Magnus Erlingsson besiegt hat, und als Reformator des Drontheimer Volkskönigstums die Frei­heit der Krone wiederhergestellt hat, die bei der Weihung des acht­jährigen Knaben Magnus in die Lehnherrschaft des Papstes verpfän­det worden war.

Aufwachsend hört der Jüngling Snorri von, dem le­benslangen Ringen dieses neuen Königs Sverrir gegen die von Däne­mark und Rom immer neu mit falschen Königssöhnen ins Werk ge­setzten Aufstände, hört von seinen Reden, seiner Tapferkeit, seiner Milde gegen Besiegte, die ihn immer neu verrieten, und von der Treue seiner Birkebeiner. Er hört vom Brande Bergen, das der Bischof gegen Sverrir anzündet, von der großen „Rede gegen die Bischöfe“, von der falschen Kreuzzugswerbung im Land. Er hört davon, wie der Erzbischof den König bannt.

In der Domkirche zu Lund mögen, wie üblich bei solchem Gericht, die 12 Priester mit ihrem Hirten gestanden‘ haben, und bei den Worten des Bannes:. „ . . . so sei ein Licht ausge­löscht in Ewigkeit« werfen die Priester die brennenden Kerzen zu Boden und 12 schwarze Füße treten die Flämmlein aus, immerhin so gründlich, daß noch heute selbst Fachhistoriker vom Ruhmeslicht die­ses frühen Protestanten keine Ahnung haben.

Snorri hört auch von dem Unglück des 3. Kreuzzuges, vom Verlust des „Heiligen Grabes“, von Barbarossas Tod und Kaiser Heinrichs VI. zu frühem Ende. Er erlebt den Aufstieg des Innocenz III. (ab 1198) und das Sterben des Königs Sverrir, siegreich, im Banne dieses Papstes. Er erlebt auch den Beginn des Kaisers Friedrich II, Papstzögling erst, Förderer der Inquisition, und schließlich dann Ketzer, Freigeist und Gebannter. Und er erlebt den großen Enkel Sverris auf Norwegens Thron, Hakon, des Kaisers Freund und der dann, nach seinem schweren Sieg über den römisch und dänisch gestützten „Gegenkönig“ Skule (1240) auch den Snorri Sturluson, der auf Skules Seite stand, vernichtet hat (1241).

Es ist eindeutig klar:  

Snorri nimmt Partei in diesen Kämpfen, die auch literarisch die Welt bewegen, und er steht nicht auf Seite Sverris und Hakons, sondern auf der anderen.

 

Diesem entspricht seine Auffassung von Macht, von Menschenführung, von Politik, von Chri­stentum, von Religion. Daraus erklärt sich, warum er sein großes „Königsbuch“, die schlichte Kunst der Sverrissaga und Sverris meister­hafte Reden nützend, so schrieb, wie er es schrieb, und mit 1177, dem Beginn Sverris, abbrach, da er wohl mit dem Gegenkönig Skule hoffte, Werk und Leben des Gebannten werde rückgängig gemacht, und er werde ausgelöscht aus dem Buche der Geschichte, wie es auch beinahe geschah.

Darum bedient er sich im Eingang dieses seines Hauptwerkes einer dem schwedischen, uralten Königtum feindlichen „Skandalchro­nik“ aus englisch-dänischer Quelle und breitet den Odinschatten, histo­rischen Wechsel benutzend über das alte Ynglingen-Geschlecht.

In Nor­wegen gibt er wenig Beachtung den alten Führergeschlechtern, die 200 Jahre lang gegen die neue Staatsmacht die älteren Prinzipien ver­fechten. Und er widmet von 641 Seiten seines Werkes 240 Seiten allein den Lebensjahren des harten Bekehrerkönigs Olaf des Dicken, des Hei­ligen.

 

Dies muß man doch bedenken, wenn man über ihn, den großen My­thographen, durch dessen Hände alles ging, was, damals bekannt war, schreibt, über ihn und seinen Odin mit den 12 Jüngern oder Asen.

 

Wir bewundern Snorris großen Geist, seine Wortkraft, seine klare, weithin sachliche, erstaunliche Geschichtsschreibung, sein weitherziges Den­ken und seinen überlegenen Humor. Wir beklagen seinen gewaltsamen Tod im Keller seines Hauses. Nicht ihn wollen wir treffen, aber auch nicht, wie es meist geschieht, um seinetwillen den großen König verklagen, ohne des tragischen Gegensatzes zu ge­denken, der bis nach Island hinauf die Welt von Rom aus zerriß, um sie ganz zu unterwerfen.

 

Ehe man Snorris Arbeiten religionsgeschicht­lich benutzt, hat man den Mann geschichtlich zu erkennen, sonst träumt man, statt zu forschen. Er stand auf Skules und Roms Seite gegen Sver­ris Enkel, gegen den „Königsgedanken“, dem. Rom widersprach.

 

Im Vorwort seiner „Edda“ beginnt Snorri:

„Der allmächtige Gott schuf im Anfang Himmel und Erde … und zuletzt zwei Menschen, Adam und Eva…“ „Nach der Noahflut“ zeigt er dann Troja, die prächtigste Stätte der Welt, im „Türkenland“, wo 12 Fürsten woh­nen. Des einen Sohn ist Priamos, und dessen Sohn ist Thor (aus Hek­tor, wie es anderswo heißt).

Dieser Thor heiratet im Norden der Welt die Sif, „aller Frauen Schönste, mit Haaren wie Gold“. „Nicht kann ich die Abstammung der Sif sagen.“

Nach einer längeren Reihe von erfabelten Nachkommen Thors folgt dann „Voden, den wir Odin nennen“, mit seiner Frau Frigida (!), „die wir Frigg nennen“.

Nun schildert er Odins Kommen von Türkenland über Sachsen, Franken und Dänemark nach Schweden. Und wo die „Asienmänner“, die Asen genannt wurden“, hinkamen, gibt es gute Zeit. Sie bringen die Sprache, die nun im Norden heimisch ist, und richten wie in Troja 12 Herrschersitze auf.

Diesem seltsamen Prolog folgt dann also Teil 1 des Edda-Buches: „Die Verblendung des Gylfi.“ Der alte Schwedenkönig „Gylfi“ wird in „Asgard“, wo er die Klugheit der Asen aushorchen will, durch Täuschungen umnebelt, und bekommt auf seine Fragen von einer Götterdreiheit, dem „Hohen“, dem „Gleichhohen“ und dem „Drit­ten“, die Auskünfte, die Snorri zur Darlegung gewisser mythischer Er­innerungen in seiner Weise erwünscht sind. Es wird ihm, wie nach (und z. T. gegen) Baetke zuletzt Siegfried Beyschlag gezeigt hat, (Zs. f. d. Altertum, LXXXXV, 3), durch „Sinnestäuschung“ der Herr­schergott Odin aus Asien als „Herrscher des Himmels und der Erde“ beigebracht, „antik gewendet als Augustus“, — und der getäuschte Schwedenkönig „zieht ja auch als (überwundener) gläubiger Adept des Gott-Herrschers Odin von dannen“ (Beyschlag).

Aber ich glaube keineswegs, daß Snorris Werk „zugleich ein ernster und echter Versuch“ sei, „die Entstehung des altheidnischen Glaubens den Nord-Leuten vorzuführen und verständlich zu machen“, sondern es ist eine kluge kulturpolitische Arbeit eines traditionskundigen Umwerters, der die große dreihundertjährige Umschulung des Nordens überschaut und anerkennt.

Snorri bringt nicht alles.

Die alten Lieder, die er zitiert (und die wir erst seit 1643 haben und als „Edda“ kennen), ließ er wohl in Vergessenheit sinken zugunsten seines Werkes, und diese Lieder, Helden- und Götter-Lieder, sind nur ein Teil dessen, was einmal da war. „junge Dichter“, sagt Snorri, „die es gelüstet, Skaldenkunst zu erlernen und mit alten Umschreibungen sich Wortfülle zu verschaffen“, sollen aus diesen mythischen Erinnerungen lernen.

„Aber Christen­leute sollen nicht an heidnische Götter und nicht an die Wahrheit dieser Sagen auf andere Weise glauben als es hier im Eingang des Buches gesagt ist“ (Skäldsk. I), also in jenem Prolog, den G. Neckel leider in seiner Übersetzung (Thule XX) weggelassen hat.

Etwas später hat Snorri sein Königsbuch geschrieben. Auch das hat seinen Prolog, in dem Snorri seine Quellen nennt, heidnische Tradition und besonders den ersten christlichen Gelehrten auf Island, Ari, und die Gefolgschaftsdichter der Könige, die sogenannten Skalden, die in einem rätselhaft kunstvollen Schnörkelstil — sehr anders als die namenlos gebliebenen großen Dichter des germanischen Helden- und Götterlieds —, sich zumal an Fürstenhöfen durch Preislieder Namen, Ehre und Gaben schafften.

Er weist vor allem auf die Quelle des ersten Teils seiner Arbeit, auf das große Gedicht Thjodolfs, in dem die sagenhaften „Ynglinge“, Abkömmlinge des Gottes Yngvi-Freyr (vgl. die Ingväonen bei Tacitus) aufgezählt werden. Schon Ari (im 11. Jahrhundert) begann diese Ynglingenliste mit „Yngvi Türken­könig“ (denn jene Asienfabel über Troja und Noah ist gelehrte Urge­schichte, die bei den Franken aufkommt und überall den germanischen Völkern beigebracht wird).

Snorri Sturluson stellt vor den Schwedengott als Brahn aller Göt­ter nun den Odin allen voran. Er bedient sich dabei einer bestimmten mythischen Tradition, die wir in den erhaltenen Edda-Liedern er­kennen, deren wichtigste zwischen 930 und 1030 auf Island gedichtet worden sind. Er hat Vorgänger in seiner Vorliebe für dieses Odins­bild und Odinswesen.

 

Wie man in voller Klarheit bei chronologischer Ordnung aller Belege sehen kann, entsteht in der schweren Krise des politischen, sittlichen und religiösen Wandels der ausgehenden und sich in das Abenteuer — oder die Landnahmen = flüchten­de Wikingerzeit dieses Odinsbild.

 

Es kommt an die Stelle Thors unter die Wikingersegell und in die Fürstenhöfe, in die Kunst der Skalden und die schweren Weisen der Wissensdichtung und des Götterliedes, feind­lich zunächst dem Heldenlied und Heldensinn, Opfer heischend, Selbst­preisgabe, Verwandlung.

Es steht in klarster Verbindung mit dem im Umbruch sich trotzig zu neuer Willkür aufreckenden Herrentum und den Wikingerkastellen zwischen den Völkern, bezeugt den Übergang zu zügellosem Abenteuer, zu neuer Bewertung des Feindes und der Frau, zu neuer Erregung und Erhöhung des Geistes, zu neuer Frage an das neu verhüllte Schicksal, zu neuer Entrechtung des Odalsbauern­tums, zu neuem Maßstab und Gesetz für Führer und Gefolgschaft, für Volk und Staat, mit dem Herrschaftssymbol der fränkischen Lanze, mit neuem Herrenrecht, neuer Elite, mit Lehnstaat und folgendem römischen Reichsgedanken, — und mit einer ganzen Traglast an religionsgeschichtlichen, ­mythischen Wandergut, wozu auch der Hangatyr Odin, der sich selbst Opfernde, gehört, auf den Wilhelm Hauer ver­weist.

Es ist Dunkles und Großes (dies dürfte die richtige Reihenfolge sein!) in seinem Bild. Aber das Dunkle steht als klar erkannter Feind vor den älteren Zeugen des Heidentums im Norden. Wir sehen es siegen und sich in den Ragnarök zu einem schimmerden Bilde voll Ruhm und Tragik verklären, und darin hat Hauer recht:

 

„Die unheimlichen Gewalten, die man im Wesen Odins spürt, woh­nen in der Seele der germanischen Völker als der dunkle Schatten ihrer großen Eigenschaften.“ 

 

Und nun kommen die Schatten zum Herrschen über das Licht. Doch ein „Schatten“ ist nicht von Haus aus der „höchste Gott“! Nichts be­rechtigt uns, den schimmernden Walhallgott als das Primäre vor den schreckenden Totendämon zu stellen, um diesen Odin in die Urzeit und für alle germanischen Zeiten als den herrschenden Gott zu retten. Den „germanischen Kämpfer, für den Odin Führer, Freund und Hel­fer war“, muß man uns jenseits von Lehnstaat und Fürstenherrlich­keit im freien Volke nachweisen! In Island bietet sich nur Egil an, der große Dichter mitten im Zwiespalt, Drinbjörns Freund und Erich Blutaxts Häftling, der Odin anklagte und ihm die Dichtung dankt, Egil, dem vielleicht Snorri selbst als seinem Ahn die Saga schrieb.

Ist Odin da ein „Freund“?

 

Was ist Odin in Bründhild- und Helgi-Lied, was ist er in Biarki­lied und Gautrekssaga, in Erichs- und Hakon-Lied, und was ist er den Bauern, die ihre Söhne in die Kämpfe um Freiheit und Ehre schicken, und Söhne und Töchter nach Thor tausendfach nennen, nach Odin nicht? Und die Skalden?

 

Es hat eine gewisse, ernste Berechtigung, wenn der Sozialist und Islanddichter Halldor Laxness in seiner „Gerpla“ diese Skalden und selbst ihren zelotisch bekehrenden König Olaf den Heiligen so grausam entwertet, damit der Blick einmal wie­der frei wird auf das an den Kriegen der Mächtigen vor wie nach der Taufe leidende Volk.

Es ist an der Zeit, daß man sich fragt, ob Bau­ern damals über Wikinger und Herren, die aufhörten, Bauernsöhne zu sein und Bauernknecht zu achten, viel anders als im Haß reden konnten.

 

Es ist an der Zeit, einmal einen Erich Blutaxt, dessen dämo­nische Frau ihn von einem willfährigen Dichter preisen und zu Odin weisen ließ, mit den Augen der Knechte und Mägde und freigebore­nen Bauern der Zeit zu sehen.

 

Denn es ist nur höchstens die halbe Wahr­heit der Geschichte, ihn als den „stärksten“ der vielen Söhne des ersten Norwegenherrschers (dem gutbezahlten) emporzuheben in die Walhall‘ des „höchsten Gottes“.

Erst von beiden Seiten her kann man also beurteilen, ob dieser Gott eines Erich Blutaxt germanischen Geist bezeugt und — ‚wie jüngst Herbert Reier betonte, — „sich wohl mit den Hauptgöttern anderer alteuropäischer Religionen messen“ kann, weil er „als Gott der Dichtkunst zur höchsten geistigen Leistung der heidnischen Zeit überhaupt wurde“. Denn wir haben alle das gleiche Interesse, uns vor einseitigem Urteil zu bewahren.

Snorri Sturluson liebt diesen Gott des Zeitenwandels im Norden, wie er die Herren liebt und ihr Recht, im geistlichen wie weltlichen Gewande, und wie er Thor in wundervollem Humor als blamierten Bauerngott zeigt, der sich im Handschuh des Riesen versteckt. Er schreibt sein Königsbuch bewußt für die Könige des neuen Herrscher­staates, den der Knabe Harald Schönhaar unter der Obhut des Oheims Gutthorn (der Name wird in Island zum Namen des Siegfriedmör­ders!) „) mit der Vernichtung oder Vertreibung der Odalsbauern be­gründet, wodurch Island besiedelt ward.

Daß diese Tat der ersten „Alleinherrschaft“ auch durch jenen Oheim und Vormund an die Nordpolitik Roms und Ludwigs des Frommen geknüpft ist, hat Snorri meiner Meinung nach verschleiert, was kein Grund ist, daß wir es weiter verschleiern, denn die Quellen (Fagrskinna bis Nornagests Paittr) las­sen keinen Zweifel darüber.

Snorri unterstellt seinen Knaben Ha­rald, Sohn Halfdans des Schwarzen, und zubenannt „Lappenziehsohn“ und „Strubbelkopf“ (woraus man dann „Schönhaar“ machte), seiner Odinstheorie und weiß damit genau, was er tut. Man sollte nicht so weit gehen, wie Frau Rogge-Börner in ihrem Aufsatz in der „Pforte“, 111, 27/28, und jene Einwanderungsfabel der Asen aus Asien ein­fach für historischen Vorgang um 600 nehmen.

 

Aber Snorri war kein spielendes Kind, sondern ein überkluger, zeitverbundener Geist und Politiker. Er wußte, was er wollte mit seinen Asiaten unter Odin.

 

Es ist irrig, wenn Hauer einfach erklärt, Kynasts These und ebenso Frau Rogge-Börners Ansicht, „Odin sei aus Süden über Süd-Osten in den germanischen Norden eingewandert“, habe „weder eine quel­lenkundliche noch eine archäologische Grundlage“. Snorri spielt nicht, sondern treibt politische Kulturgeschichte und trifft den Nagel auf den Kopf.

Er weiß und sagt es:

Odins Weg führt über Franken — das Franken Chlodwigs und Karl’s — zurück in eine asiatische Ferne. Und vieles, was in seinem Zeichen herrschend wird, ist von dort entliehen. Nur wenn man Harald Schönhaar und seine wilden Berser­ker, mit denen er die Freibauern besiegt (im Auftrag Gutthorms und des römischen Lehnstaates und Gottes), ebenso wie bei uns Karl den Großen für das eigentlich Germanische nimmt, oder aus den Werken Snorris nur Germanisches herausliest und die Züge des lebendigen, wohlbekannten mittelalterlichen Menschen, der da dichtet und schreibt und denkt und umwertet, unbeachtet läßt, kann man das alles ver­kennen.

 

*

Quelle: Bernhard Kummer

 

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