Unsere babylonische Gefangenschaft

Gewiß hat Europas Geistesgeschichte kaum eine Wegspur von ähnlicher Bedeutung wie die des Gottes Wodan-Merkurius-Odin. Von Veledas erstaunlicher Geltung im freien Volk über Karl bis zum „Hexenhammer“ ist darüber hinaus auch unsere Sittengeschichte unlösbar mit Odins Aufstieg verknüpft, denn Brünhilds Todesschlaf und Tragik ist Odins Werk. Wenn man das alles wirklich verstehen will, muß man unterscheiden lernen den Grund von der Wegspur, die ihn durchzieht. Was jahrtausendelang in Bauernhöfen oder auf Landnahme- und Fehdezügen dem sich wandelnden Leben Halt und Richtung gab, lebte aus dem Vertrauenkönnen – und bis in die Götterdämmerung hinein sind Siegfried wie Thor der Inbegriff des Vertrauenswürdigen gewesen.

Der Gott Odin – Der erschütternde Gott

Das politische Erlebnis des karolingi­schen Staates steht eindeutig in Zusammenhang mit jenem Odin und der Tatsache, daß er „in der letzten Periode des Heidentums der vor­nehmste Gott geworden ist“, besonders von den führenden Schichten verehrt (Jan de Vries), der aber auch in der „Hochgestalt“ seine uns befremdenden Züge, das uns „Widerwärtige“ seines „chthonischen Ursprunges“ nicht abstreift.

Odins Gefolge

Den gebildeten Leser Snorris muß es erstaunen, daß die Germanistik ihm um Odins willen seltsam gläubig folgte, und daß Martin Nincks „Wodan“ nicht mit eindeutig klarer Quellenkritik als Schulbeispiel neuer Romantik durch die Wissenschaft gekennzeichnet worden ist.