Glaubenskrieg der Okkultisten

Fortsetzung des Artikels „Runenmagie ist keine Spielerei“

Schaut man sich die Verstrickungen der einzelnen Glaubensvertreter um 1900 bis in die Neuzeit an, stellt man fest, dass sie alle ausnahmslos auf die antiken Mysterienkulte zurückgehen. Das ist heute auch nicht viel anders – egal, mit welcher okkulten Richtung man sich beschäftigen mag.

Da die meisten, die im Internet und auf dem Buchmarkt die Themen „Theosophie“, „Armanen“, „Ariosophie“, „Armanen-Runen“, etc. pp behandeln, aus dem gleichen infizierten Loch gekrochen sind, verwundert es auch kaum, dass hierher gepostete Links von kritischen Lesern dieser Seite in Kommentarspalten auf Blogs besagter Gruppierungen sang und klanglos im „Nirwana“ verschwanden und weiterhin fleißig gelöscht werden. Selbstverständlich muss auch die Mär vom okkulten Dritten Reich unter Adolf Hitler am Leben gehalten werden. Man kann sich sicher sein, dass die heutigen offiziellen Vertreter allesamt im Hintergrund bestens vernetzt sind. Die sogenannte neue Rechte baut auf alten Logen und Zirkeln von damals auf. Man kann das durchaus recherchieren.

Der Brite Nicholas Goodrick-Clarke schreibt in puncto „Nazi-Mysterien“:

„ … Bemühungen seitens der fiktionalen und der nichtfiktionalen Literatur, den Nationalsozialismus entpolitisierend und enthistorisierend mit Religiösem, Okkultistischem, Esoterischem, Mythischem und dergleichen in Verbindung zu bringen und diese metaphysischen Bezüge als ‚wahres Wesen‘ der Bewegung hinzustellen …… (Goodrick-Clarke, „Im Schatten der Schwarzen Sonne – Arische Kulte, Esoterischer Nationalsozialismus und die Politik der Abgrenzung“)

Niemand wird leugnen wollen, dass es im Deutschland der zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts einen okkulten Aufschwung gegeben hat. Auch viele Runenbücher sind in dieser Zeit geschrieben worden. Nur sollte man deshalb auch daraus schließen, dass Hitler und der Nationalsozialismus ebenso okkulte Ursprünge gehabt haben müssen? Dieser Trugschluss wird auch durch noch so viele Hinweise auf die damalige okkulte Szene in Deutschland nicht wahrer!

Dennoch hat eine sehr große Gemeinschaft im Hintergrund ein starkes Interesse, diesen Glauben aufrechtzuerhalten – wie so viele andere Glaubensvorstellungen, diese Zeit betreffend.

Schaut man sich die „neue Rechte“ an, so wird man ja geradezu erschlagen von Wotanismus und Runen. So ist es in der entsprechenden Szene heute auch „cool“ im Runen-Pulli Youtube-Videos abzudrehen, seinen Account z. B. nach einem „germanischen Gott“ zu benennen oder als Logo auch gerne stilisierte Runen oder Sonnenräder zu verwenden. Besonders beliebt in der Szene ist die „Schwarze Sonne“ (ein aus 12 SIG-Runen konstruiertes, allerdings – nachträglich – installiertes Symbol aus dem Obergruppenführersaal der Wewelsburg). Wieder andere sprechen sich besorgt gegen die zunehmende Verwendung der Runen aus – vor Allem weil die Nazis die Runen im Dritten Reich „missbraucht“ hätten. Eine interessante Aussage, die tief schließen lässt.

Manch einer fragt sich jedoch vielleicht auch einmal:


Was hat es mit den Runen eigentlich generell so auf sich und wer im Besonderen überliefert dieses „Runen-Wissen“ überhaupt seit Jahrhunderten“?


Ja – und selbst in Helena Blavatksys „Geheimlehre“ wird man fündig. Auch sie hat, wie ich es in diesem Artikel erläutert habe, nur abgeschrieben. So wie alle – seit je her – ihre okkulten Ergüsse von anderen Okkultisten ableiten.

So könnte eine Biographie eines Runenkundigen in etwa so lauten:

Max Mustermann befasste sich frühzeitig mit Zauberei und Spiritualismus. Schon früh lernte er die Edda kennen. Zum germanischen Heidentum kam er durch die Bücher des Runenesoterikers XYZ.

Mustermann studierte germanische und keltische Philologie. Während seines Studiums an der Universität eignete er sich Kenntnisse des Okkultismus an. 

In jungen Jahren beschäftigte Mustermann sich während seiner Ausbildungszeit zum Schauspieler mit okkultistischen Experimenten, beispielsweise Hypnose. In Berlin lernte er den Okkultisten XYZ kennen.

Mit 18 begann Mustermann Hatha Yoga zu praktizieren. Spektakuläre Ergebnisse motivierten ihn, andere Wissenschaften und Disziplinen zu studieren, dazu gehörten die praktisch angewandte klassische Magie und Kabbalah, die weniger bekannte Runenmagie und verschiedene Formen der Lebensenergie-Technologie wie Astralreisen und Hellsehen. 

Mustermanns persönliche Arbeit mit dem Tarot begann 1979, dann folgte er dem Ruf der Runen und öffnete sich für ihre Energien und Botschaften. Später begann er als Lebensberater mit Karten tätig zu werden.

Selbstdarstellungen zufolge entwickelte Mustermann bereits in jungen Jahren eine Neigung zum Spirituellen. Mit 25 Jahren ließ er sich in der Loge XYZ als Freimaurer aufnehmen.

In Warschau lernte Mustermann auch seinen späteren Biographen XYZ kennen und trat in eine Freimaurerloge ein, von deren Mystik er sich mehr als von ihren aufklärerischen Tendenzen angezogen fühlte.


So erhält sich „Wissen“ – es wird weitergegeben und neu konfiguriert, optimiert (man denke hier im Besonderen an die Armanen-Runen, die der Eingeweihte Guido von List „empfangen“ haben soll).

Vergleichen wir in diesem Fall z. B. die Aussagen eines Karl Maria Willigut, der vornehmlich von List beeinflusst wurde, „er sei ein direkter Nachkomme von „Wodan“, ein Spross einer geheimen Linie des deutschen Königtums“ mit den vielfältigen Forschungen eines Bernhard Kummer, so kommt man nicht umhin, zu vermuten, dass dieses überlieferte „Runen-Wissen“ ein genialer Schachzug der damals wie heute Herrschenden war.

Ein Mittel, um unsere Vorfahren von ihren Wurzeln und damit ihrer eigensten Kraft und Überzeugung abzuschneiden und einen alternativen Glauben zu dem von den Germanen abgelehnten Christentum zu installieren (für all jene, die den „Herrn der Herren aus Golgatha“ nicht als ihren annehmen wollten) und uns gleichzeitig jene vor die Nase zu setzen, die uns mit diesem „heiligen, okkulten Wissen“ über die Jahrhunderte aus direkter Quelle „bestens“ versorgten.

Wer war denn z. B. Snorri, dessen „Runen-Zauber“ der Edda man heute so gerne zitiert?

Er schrieb ein Dichterlehrbuch für die Dichter seiner Zeit, die sogenannte „Edda“ des Snorri, oder Prosa-Edda, mit Zitaten aus einer Liederhandschrift, die man erst 1613 wiederfand und dann die „ältere Edda“ nannte. Er schrieb darin Mythen und Erzählungen von den alten Göttern auf, umgewertet natürlich, wie er ausdrücklich betont, und dann eine Dichterschule, endlich eine 100 Strophen umfassende in wechselndem Versmaß gedichtete Lobpreisung auf den Her­zog Skule und den König Hakon von Norwegen (gest. 1263). 

Snorri erlebt den großen Enkel Sverris auf Norwegens Thron, Hakon, des Kaisers Freund und der dann, nach seinem schweren Sieg über den römisch und dänisch gestützten „Gegenkönig“ Skule (1240) auch den Snorri Sturluson, der auf Skules Seite stand, vernichtet hat (1241).

Es ist eindeutig klar: Snorri nimmt Partei in diesen Kämpfen, die auch literarisch die Welt bewegen, und er steht nicht auf Seite Sverris und Hakons, sondern auf der anderen.

Wie man in voller Klarheit bei chronologischer Ordnung aller Belege sehen kann, entsteht in der schweren Krise des politischen, sittlichen und religiösen Wandels der ausgehenden und sich in das Abenteuer — oder die Landnahmen = flüchten­de Wikingerzeit dieses Odinsbild. Es steht in klarster Verbindung mit dem im Umbruch sich trotzig zu neuer Willkür aufreckenden Herrentum und den Wikingerkastellen zwischen den Völkern, bezeugt den Übergang zu zügellosem Abenteuer, zu neuer Bewertung des Feindes und der Frau, zu neuer Erregung und Erhöhung des Geistes, zu neuer Frage an das neu verhüllte Schicksal, zu neuer Entrechtung des Odalsbauern­tums, zu neuem Maßstab und Gesetz für Führer und Gefolgschaft, für Volk und Staat, mit dem Herrschaftssymbol der fränkischen Lanze, mit neuem Herrenrecht, neuer Elite, mit Lehnstaat und folgendem römischen Reichsgedanken, — und mit einer ganzen Traglast an religionsgeschichtlichen, ­mythischen Wandergut, wozu auch der Hangatyr Odin, der sich selbst Opfernde, gehört, auf den Wilhelm Hauer ver­weist.

Snorri schreibt sein Königsbuch bewusst für die Könige des neuen Herrscher­staates, den der Knabe Harald Schönhaar unter der Obhut des Oheims Gutthorn (der Name wird in Island zum Namen des Siegfriedmör­ders!) „) mit der Vernichtung oder Vertreibung der Odalsbauern be­gründet, wodurch Island besiedelt ward. Daß diese Tat der ersten „Alleinherrschaft“ auch durch jenen Oheim und Vormund an die Nordpolitik Roms und Ludwigs des Frommen geknüpft ist, hat Snorri verschleiert, was kein Grund ist, daß wir es weiter verschleiern, denn die Quellen (Fagrskinna bis Nornagests Paittr) las­sen keinen Zweifel darüber.

Odins Weg führt über Franken — das Franken Chlodwigs und Karl’s — zurück in eine asiatische Ferne. Und vieles, was in seinem Zeichen herrschend wird, ist von dort entliehen. 

Nicht nur Karl Maria Willigut, auch andere Runenforscher sehen sich in dieser Tradition und Erblinie Wotans, wie man selbst recherchieren kann. Und sie mischen in ihrer eigenen Runenlehre alles zum Teil recht willig ineinander – dabei darf auch die Kabbala, die Zahlenmagie, der Tarot, Astrologie, etc. pp nicht fehlen, was verständlich ist, wenn man weiß, woher dieses „okkulte Wissen“ stammt und von wem es seit eh und je weiterverbreitet wurde. Viele kennzeichnen gar ihre Werke mit entsprechenden Zeichen für Eingeweihte!

Da darf es auch nicht verwundern, wenn der hohe Norden unserer Ahnen wie selbstverständlich heute dank vieler Okkultautoren mit dem Reich der Ausserirdischen gleichgesetzt wird, aus dem die Germanengötter angeblich ursprünglich stammten etc. pp. Auch entdeckt man in entsprechender Literatur auffälligste Überlagerungen zwischen der Edda und der Bibel, zwischen Baldur und Jesus, dem Kreuz und dem Gehängten, der die Runen studierte, usw..


Was mag die Kirche wohl für ein Interesse daran gehabt haben, die Runensteine zu zertrümmern und die Runen als Zauberzeichen zu deklarieren – und das bis heute?


Zwischen 300 und 1050, der Zeit der Christianisierung Europas, wurde Magie gleichgesetzt mit Paganismus, ein Begriff, der nicht-christliche Völker bezeichnete, die von christlichen Missionaren dämonisiert wurden. Damals wurden bestimmte Glaubensformen christianisiert und zu eigenen Zwecken verwendet, insbesondere von Kirchenführern. Obwohl sich viele Traditionen als „heidnisch“ verstehen, kann man innerhalb der verschiedenen Gruppierungen auch heute feststellen, dass die meisten sich als Opposition zum Christentum darstellen oder als stark christlich beeinflusste Magie in Form esoterischer Interpretationen derselben. Mit welchem Zweck dies geschah und auch heute noch geschieht, kann sich jeder gerne selbst überlegen.

„Es ist auch – kein – germanisches Erbe, wenn man im Mittelalter Buchstaben und Bibelsprüche nebst Sinnzeichen fremder Herkunft zu aller Art von Magie verwendet (!).“ (Bernhard Kummer)

Es ist schier unglaublich, wie viele „Runenforscher“ und „Sachkundige“ sich heute zu Wort melden. Viele Bücher, Blogs, gar ganze Youtube-Kanäle widmen sich dieser Thematik.

So schreibt ein Runenbuch-Autor passend in seinem Vorwort:

„In den letzten Jahren ist eine Flut von Runenbüchern erschienen, die von einer Modewelle profitieren: der Rückbesinnung auf die esoterischen Traditionen der Germanen und Celten. Die meisten dieser Bücher kann man aber getrost ignorieren, weil ihre Verfasser kaum Kenntnisse über die tatsächliche Bedeutung des Geheimwissens unserer heidnischen Vorfahren haben. Ohne Hemmungen werden oft Vorstellungen als heidnisch angepriesen, die dem uns überlieferten Wissen über diese großen Kulturen widersprechen. Aus diesem Grund sollte nunmehr ein Runenbuch erscheinen, das seine Schlussfolgerungen gänzlich auf die Überlieferung und das gesicherte Wissen über die Runen aufbaut.“

Wenig später schreibt der gleiche Autor:

„Das Wort „Rune“ bezeichnet ja ursprünglich den geraunten Zauber, der erst später auf das Zauberzeichen überging. Die Runen gehören fest zur Glaubensform, in der sie sich entwickelten, der germanischen Religion und Mythologie. Ohne Kenntnis derselben ist ein Verstehen der Runen sowie ein Arbeiten mit ihnen nicht möglich. Es würde aber den Rahmen dieses Buches sprengen, hier auf die Naturreligion ausführlicher einzugehen; daher empfehle ich allen Lesern entsprechende Literatur (hier folgen Beispiele, Anmerkung albrunablog) oder auch mein Buch … Gerade über die Gottheiten und Mythen sowie über viele Glaubensvorstellungen ist in diesen Büchern Überliefertes zusammengestellt, das die hier gemachten Ausführungen ergänzt.“ ….. So möge dieses Buch den ernsthaft Suchenden helfen, in die Geheimnisse der Runen noch tiefer einzudringen, um so den Geheimnissen der Götter näher zu kommen und selbst geistig zu reifen.

Natürlich durfte im Vorwort auch die folgende Ausführung nicht fehlen:

„Die Rune der Sonne hat aber mit den Gräueltaten der SS in den Konzentrationslagern nichts zu tun. Man kann und darf die Runen nicht für politische und extremistische Ideologien missbrauchen. Ich möchte mich daher hier von derartigen Vorstellungen, wie sie im Nationalsozialismus mit seinem Rassismus und seiner Menschenverachtung vertreten wurden, strikt distanzieren.


Man kann aber, wie man sieht, als Autor, selbst eine Ideologie vertreten und seinen Lesern bewusst näher bringen … Das ist ja auch Sinn und Zweck solcher Autoren und Bücher, wie ebenso bewusste Falschübersetzungen zu liefern, damit es sich passend ins gewünschte und propagierte Bild einfügt.


Die meisten, auch besten Sprachforscher haben sich bei Ableitung des Wortes Rune auf das auch im Deutschen übliche raunen, murmeln, flüstern, und in engerer Bedeutung, geheimnisvolle, zauberische Formeln, hermurmeln geeinigt und erklären die Runen durch geheimnisvolle Zeichen, Zauberzeichen. Zu dem Wort „Raunen“ ist zu bemerken, daß es aller überwiegenden Wahrscheinlichkeit nach von raunen, runen, schneiden, abstamme. „Raunen“, welches eigentlich schneiden bedeutet hat, ist im Hochdeutschen völlig veraltet. Es ist noch im Niederdeutschen üblich, wo es für verschneiden, castriren, gebraucht wird.

Rune (17. Jh., runisch runa 6. Jh.). Als Bezeichnung der alten germanischen Schriftzeichen wiederbelebt aus anord. rún, ae. rūn „Rune“. Dieses wird üblicherweise verknüpft mit einem Wort für „Geheimnis, Geraune“ (raunen). Sicher richtiger: Zu ig. reue- „graben“ in akslav. ryti „graben“, vgl. mit Erweiterung lit. ruōbti „einritzen“. Ebenso nndl. rune, ne. rune, nfrz. rune, nschw. runa, nisl. rún; Raun(e), raunen (Morris, „Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur“ 107 (1985), 344-358.)

Dieser Ansatz gibt, meines Erachtens, auch wesentlich mehr Sinn, wenn man diesen Artikel (Teil 1) gelesen hat.

Aber, es „muss“ sich ja bei den Runen verständlicherweise um „Zauber-Zeichen“ handeln, denn sonst läuft ja das Glaubenssystem auf Grund! So verwundert es auch nicht, dass derselbe Autor in seinem Vorwort die von Snorri verfasste Edda als die „wichtigste germanische“ Mythensammlung bezeichnet (obwohl, die Mythen von Snorri umgewertet wurden, wie Snorri ausdrücklich betont!).

Der Autor bezeichnet sich übrigens selbst als oberster Priester des „germanischen Altheidentums“ … nur hatten die Germanen – ursprünglich – gar keine Priester (Goden), wie sich der kritische Leser dieser Seiten evtl. selbst schon denken kann.

Doch der Autor, den ich hier erwähne, ist keine Ausnahme – Möchtegern-Priester des Asatru (von dänisch æser bzw. schwedisch äser ‚Ase‘ und tro ‚Glaube‘) findet man weltweit. Asatru wird manchmal als „Asentreue“ übersetzt, was jedoch auf viele Anhänger dieser Bewegung nicht zutrifft, da bei ihnen nicht immer die Asen im Mittelpunkt stehen, sondern auch andere skandinavische Gottheiten verehrt werden.

Wichtig ist allem voran der Glauben daran.

Zitat:

„Die Runen gehören fest zur Glaubensform, in der sie sich entwickelten, der germanischen Religion und Mythologie. Ohne Kenntnis derselben ist ein Verstehen der Runen sowie ein Arbeiten mit ihnen nicht möglich.“

Dass weltweit heutzutage aufbauend auf die Mythologie alter Kulturen quasi alles miteinander vermischt wird, was nur irgendwie in die Glaubensvorstellungen zu integrieren ist, ist nur allzu verständlich. Wicca, Gaia-Religion, Luziferianismus, dem Temple of Set und anderen Lehren, die sich vornehmlich aus Elementen von Gnosis, Alchemie, Astrologie, Kabbala und Hermetik speisen, aber teilweise auch zumindest neopagane Einflüsse aufweisen, vornehmlich Elemente aus altgriechischer und altägyptischer sowie semitischen Religionen.

Der Neoschamanismus synkretisiert teilweise asiatische und indianische Elemente mit alteuropäischen Symbolen und entwickelt sie zu neuen Formen („keltischer Schamanismus“, neugermanischer „Seiðr“). Einige Neopaganisten schließen sich auch Strömungen an, die eine Variation christlicher Religion darstellen, wie dem Zusammenschluss der nordamerikanischen Unitarier und Universalisten zur Unitarian Universalist Association. So existiert eine eigene heidnisch-unitarische Strömung der „Covenant of Unitarian Universalist Pagans“ etc. pp..

In der Szene finden sich daher auch etliche Vertreter, die ihr „archaisches Wissen“ gewinnbringend an neue Heiden verkaufen. So traut der Ober-Gode auch mal gegen „Tempelzoll“ gläubige Heiden oder nimmt Bestattungen oder Weihen von Gegenständen oder Orten vor. Luziferaner schreiben, wenn es sich lohnt und vor Allem der Agenda dient, auch mal gerne Bücher über Runen.

So kommt der Leser sehr leicht von einem zum nächsten Thema und verstrickt sich immer weiter in die Glaubensvorstellungen seiner Vorgänger. Denn nichts anderes ist es, was Sie als Leser dabei konsumieren und sich ggf. als Anwender zu eigen machen:


Glaubensvorstellungen


Es ist bis heute von den herrschenden Gruppen nicht erwünscht, diesen Glauben durch Aufklärung zu zerstören, denn die Speisung dieser Glaubensvorstellungen bedeutet Kontrolle. Eine Menschheit, die nicht durch Mythen und Glauben beherrscht werden kann und die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung erkannt hat, stellt für die jeweils Herrschenden selbstverständlich auf Dauer eine Bedrohung dar.

Jeder Glaube, den eine Person erschafft, ist der spürbarste Aspekt einer entsprechenden illusorischen Wirklichkeit. Dessen wird man sich erst bewusst, wenn man von Glauben abgelassen hat und die Dinge rational durchdenken kann. Vorher ist das Bewusstsein quasi überlagert.

Nach Örv. Odds. 17 (Fas. II. S. 228) erklären die Heiden vor dem christlichen Münster sogar ausdrücklich, daß sie keinen anderen Glauben haben (weder an Thor noch an Odin), als den an ihre eigene Macht und Stärke. (Midgards Untergang, Bernhard Kummer, S. 154)

Verständlich, wenn man erkannt hat, was es bedeutet, wenn man sein Vertrauen – nach außen – verlagert!

Alle vermeintlich höheren Realitäten (egal welcher Tradition oder Strömung), an die Menschen glauben, die angeblich tatsächlich bewusste Wesen oder Kräfte enthalten, sind schlicht verschiedene Aspekte, die den Menschen von den Illusionen der sogenannten „höheren Welten“ präsentiert werden. Dazu gehören auch Kräfte, die entsprechend nutzbar gemacht werden „können“  – je nachdem, wie sehr überlagert und damit getäuscht das Bewusstsein des Einzelnen ist.

Eine Täuschung ist eine Illusion, an die man glaubt und die angesichts widersprüchlicher Beweise festgehalten wird. Und wenn Sie darüber nachdenken, ist jeder Glaube eine Täuschung. Wenn etwas wirklich wahr ist, gibt es absolut keinen guten Grund, daran zu glauben. Erkennen Sie nun, warum viele so sehr an Ihre Glaubensvorstellungen appellieren?


Glauben heißt nicht wissen!


Sie werden feststellen, egal in welchem Runen-Buch Sie lesen oder welcher Runen-Tradition oder Strömung Sie sich annähern – alles ist durchdrungen vom Glauben an dieses oder jenes. Das gilt, wie bereits erwähnt, für alle esoterischen (spirituellen) Richtungen. Und wenn Sie diese Glaubensvorstellungen (das anerkannte „Heilige“) in Frage stellen, werden Sie früher oder später mehr oder weniger automatisch angegriffen, diskreditiert, lächerlich gemacht, etc. pp..


So ist es auch in puncto Runenkunde nur allzu verständlich, wie sich die einzelnen „Runenkundigen“ in einem regelrechten Glaubenskrieg mit anderen befinden und auf ihre Erkenntnisse pochen und andere schlicht ablehnen oder niedermachen.


Wie man einen Glaubens-Kult auf Kurs hält

Es gibt Manipulationen von Erlebnissen, die spontan erscheinen, aber tatsächlich von der Gruppe oder ihren Leitern geplant und inszeniert wurden, um göttliche Autorität oder spirituellen Fortschritt oder eine besondere Begabung oder Begabung zu demonstrieren, die es dem Leiter dann ermöglichen, Ereignisse, Schriften und Erfahrungen neu zu interpretieren, wie er oder sie es wünscht.

Die Doktrin oder Ideologie der Gruppe wird als die ultimative Wahrheit angesehen, unabhängig von jeglichen Fragen oder Streitigkeiten. Wahrheit ist nicht außerhalb der Gruppe zu finden. Alle gegenteiligen Erfahrungen müssen geleugnet oder neu interpretiert werden, um der Ideologie der Gruppe zu entsprechen. Die Mitglieder werden ständig aufgefordert, sich der Ideologie der Gruppe anzupassen und nach Perfektion zu streben (Induktion von Schuld und/oder Scham). Die Gruppe hat das Vorrecht zu entscheiden, wer das Existenzrecht hat und wer nicht. Dies ist normalerweise nicht wörtlich, bedeutet aber, dass die Menschen in der Außenwelt nicht gerettet, nicht erleuchtet und bewusstlos sind und dass sie zur Ideologie der Gruppe konvertiert werden müssen. Wenn sie der Gruppe nicht beitreten oder kritisch gegenüber der Gruppe sind, müssen sie von den Mitgliedern abgelehnt werden. Dadurch verliert die Außenwelt jegliche Glaubwürdigkeit. Sollte ein Mitglied die Gruppe verlassen, muss es ebenfalls abgelehnt werden.

Ihr Glauben und ihr Glaubenssystem gestattet nichts anderes!

In dem Moment, in dem Sie einen Glauben haben oder sich in einem Glaubenssystem bewegen, unterrichten Sie sich und andere, dass diese Art der Einstellung, die Sie verbreiten, Sie in irgendeiner Weise überlegen macht und unter keinen Umständen einer rationalen Prüfung ausgesetzt werden darf. Sie verbreiten Blaupausen dieses Systems – eines System, das, wie sich nachweisen lässt, immer auf vorherigen Systemen aufbaut. Verstehen Sie das?

Wenn ja, dann verstehen Sie auch bereits die Wirkung (Phänomene).

Es ist daher absolut klar, dass man auch in Runenbüchern die klassischen Aussagen wie diese liest:

„Wer den Weg der Runen gehen will, der muss (!) nach geistiger Reife streben und ein moralisch einwandfreies Leben (!) führen“.

Nichts anderes wurde von den Mysten seit der Antike verlangt. Gravierend wiegt die Tatsache, dass Menschen in der Präsenz einer Autorität das selbständige, vor Allem rationale Denken zurück- oder ganz ausschalten. Sie sind gegenüber Autoritäten viel unvorsichtiger als gegenüber anderen Meinungen und sie gehorchen Autoritäten, selbst dort, wo es rational betrachtet, keinen Sinn macht.

Das ist leider der Zustand der meisten Menschen und somit ein leichtes für die Menschenfischer! 

Ich habe das selbst über die Jahre bei vielen beobachtet und mich immer wieder gefragt, wie man dieses oder jenes so einfach „glauben“ kann. Heute ist es mir klar, dass die Menschen gar nicht anders können, solange sie sich in einem der vielen Glaubenssysteme bewegen und glauben (mir ging das auch nicht anders!) – weil glauben das Bewusstsein überlagert und Phänomene erst möglich macht.

Placeboeffekte z. B. können durch das Hervorrufen von  Erwartungshaltungen  oder ganz einfach durch einen  konditionierten Reiz  ausgelöst werden. Für Forscher, die solche Phänomene studieren, ist der biblische Hinweis auf die Berge versetzende Kraft des Glaubens kein frommer Wunsch, sondern ein Effekt, der eine rationale Grundlage hat.

Was passiert wohl, wenn ein gewisser Reiz schon seit Jahrtausenden konditioniert und im kollektiven Bewusstsein damit verankert ist?

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Ende Teil 2 – der Artikel wird mit Teil 3 fortgesetzt.