Isländer-Sagas

Jenes gutgemeinte Beginnen der Ehrenrettung unserer heidnischen Vorfahren entspringt der richtigen Erkenntnis, daß doch schließlich auch die Germanen, denen Mogk „tiefe Religiosität“ als „einen wesentlichen Zug ihres Charakters“ zuspricht eine religiöse Eigenentwicklung vor ihrer gewaltsamen Einfriedung in das völkerumspannende Christentum gehabt haben müssen, eine Eigenentwicklung, die der ethischen und kulturellen Höhe ihres Heidenlebens entspricht. Und Kultur hatten diese Heiden. „Wer glaubt, den Germanen sei Kultur erst durch das Christentum zugeführt worden, ist einseitig unterrichtet. Aber solche Versuche religiöser Ehrenrettung der seit alters her verlästerten „Barbaren“ verfallen jenem Fluche der Lächerlichkeit, solange nicht zuerst das Wesen, das Menschentum der heidnischen Germanen erfaßt und dieses als kritischer Maßstab an die schriftlichen Überlieferungen, die wir über die schriftlose Kultur der Vorzeit besitzen, gelegt wird.

Der Gott der lieblosen Macht und die Flammen der Zeitenwende

Er ist es, der im Heldenlied „Zwist sät unter Verwandte“, der „zwischen Schwäger Schuldrunen warf“, der „über alles Unheil waltet“, der den Bruder zum Mord am Gatten der Schwester bestimmt, und den Mordspeer leiht (Helgisage Dag. vgl. Knudsen), und der als „Mann vom Berge“ oder Hnikarr den zur Vaterrachetat segelnden Sigurd anruft und mitfahren will. Dieser Odin ist in Wahrheit der Geist dieser Zeit, die an ihrer eigenen Zwiespältigkeit leidet – und schon in Zauberschlaf sinkend – mit letzter Kraft in der Walhall ihres Ruhmes ihre Helden sammelt zu einem letzten Kampf, der tragisch ausgeht.